Ukraine-Krieg
1.700 Deserteure: Ukrainische Prestige-Brigade gerät in die Kritik
- Veröffentlicht: 02.01.2025
- 13:31 Uhr
- Damian Rausch
Die neue 155. mechanisierte Brigade der Ukraine sorgt für Aufsehen: Desertionen, fehlende Ausrüstung und organisatorische Mängel belasten das Prestigeprojekt.
Das Wichtigste in Kürze
Rund 1.700 Soldaten der 155. Brigade sollen bereits vor ihrem ersten Einsatz desertiert sein, was massive Kritik an der Organisation nach sich zieht.
Der Brigade fehlten bei ihrem Einsatz in der Ostukraine essenzielle Ausrüstung wie Drohnen, was hohe Verluste verursachte.
Militärexpert:innen fordern, bestehende Einheiten besser auszustatten, statt neue Brigaden aufzustellen.
Die 155. mechanisierte Brigade, ein Prestigeprojekt der ukrainischen Armee in Zusammenarbeit mit Frankreich, steht nach ihrem ersten Einsatz massiv in der Kritik. Noch bevor die Einheit an die Front verlegt wurde, sollen laut einem Bericht des Journalisten Jurij Butussow auf "Zensor.net" rund 1.700 Soldaten desertiert sein – darunter 50 bereits während ihrer Ausbildung in Frankreich.
Desorganisation und fehlende Ausrüstung
Die Brigade, deren Aufstellung seit März 2024 läuft litt unter massiver organisatorischer Unruhe, heißt es in einem Bericht von "n-tv". Rund 2.500 Soldaten wurden laut Butussow zunächst der Brigade zugewiesen, später jedoch anderen Einheiten zugeteilt. Dies führte dazu, dass die Einheit kaum mit ihrer vollständigen Stärke trainieren konnte. Auch bei ihrem Einsatz in der Ostukraine bei Pokrowsk mangelte es an essenzieller Ausrüstung wie Drohnen und elektronischer Kriegsführung, was zu hohen Verlusten führte.
Kritik kommt nicht nur von Journalisten, sondern auch von Aktivisten wie Serhij Sternenko, der Drohnen für die Armee organisiert. Er erklärte auf X: "Wir haben vor Kurzem damit begonnen, ihnen zu helfen, weil die Brigade vom Staat keine Ausrüstung für die elektronische Kriegsführung oder Drohnen erhalten hat."
Im Video: Auch an Silvester - Bomben-Terror über Kiew
Unklare Prioritäten
Die Entscheidung, neue Einheiten zu schaffen, statt bestehende Brigaden aufzufüllen, wird von militärischen Expert:innen infrage gestellt. Bohdan Krotewytsch, Stabschef der Asow-Brigade der Nationalgarde, zeigte sich überrascht über die hohe Zahl der Deserteure und kritisierte die strategischen Entscheidungen: "Warum wurde eine neue Brigade geschaffen, obwohl es einen kritischen Mangel an bestehenden Brigaden gab, nur um sie dann aufzuteilen und die Leute zu den alten Brigaden zu schicken?"
Systemische Probleme
Für das Oberkommando in Kiew sind neue Truppen mit westlichen Waffen und teils auch im Westen ausgebildet zentral zur Verstärkung der ausgezehrten Armee nach fast drei Jahren des russischen Angriffskriegs. Aber auch offizielle Stellen klagten in den vergangenen Monaten, dass die westlichen Staaten die versprochene Ausrüstung oft nur langsam lieferten.
Ukrainische Experten führen das stetige Vordringen der russischen Armee im Donbass 2024 nicht nur auf deren Überlegenheit zurück. Sie sehen auch Führungsversagen, taktische Fehler und mangelnde Koordination in der ukrainischen Armee. Die militärnahen Journalisten und Blogger in der Ukraine zeichnen oft ein Gegenbild zu den offiziellen Lageberichten des Militärs - ähnlich ist es auf russischer Seite.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa