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Gesundheit

Arzneimittel-Knappheit droht länger anzuhalten

  • Aktualisiert: 21.12.2022
  • 13:45 Uhr
  • Clarissa Yigit

Kranke Kinder und keine Medikamente - vor diesem Szenario haben insbesondere Eltern Angst. Doch auch Erwachsene haben es momentan schwer, an Medikamente zu gelangen. Besserung ist laut Experten aktuell nicht in Sicht - offenbar auch nicht durch Lauterbachs Pläne.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Corona und andere Atemwegserkrankungen sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Medikamenten steige.

  • Um der Medikamenten-Knappheit entgegenzuwirken, will Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) in einem Gesetz Preisregeln verankern, um Lieferungen für Anbieter wirtschaftlich attraktiver zu machen.

  • FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann fordert  einen "Versorgungs-Gipfel" von Ärzten, Apotheken und Pharmaindustrie.

Neben Corona sorgen momentan auch andere Atemwegserkrankungen wie die RS-Viren bei Kindern für viele schwere Infekte und überlastete Kliniken. Hinzu kommt, dass laut Deutscher Krankenhausgesellschaft fast jede:r zehnte Klinikmitarbeiter:in aktuell selbst erkrankt sei. Medikamente, um diese Situation zu entspannen,  sind nun auch noch Mangelware.

Den Grund für die aktuelle Knappheit sieht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darin, dass sich "manche Apotheken und Großhändler das Lager zu voll machten und die Arzneien andernorts fehlten", wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. So sei von einer Verteilproblematik auszugehen. Hinzu komme, dass momentan sehr viele Atemwegsinfektionen bei Kindern diagnostiziert werden, wodurch die Nachfrage steige. Außerdem laste ein wirtschaftlicher Druck auf Apotheken und Gewerkschaften, da diese ihre Produktion in kostengünstige Länder verlagert haben.

Lauterbach fordert neue Preisregeln

Das Angebot wichtiger Arzneimittel – insbesondere für Kinder – solle nach den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) besser gegen Lieferengpässe abgesichert werden.

Um Lieferungen für Anbieter wirtschaftlich attraktiver zu machen, sollen vor allem neue Preisregeln in einem Gesetzt verankert werden. "Wir sehen das Problem schon lange. Wir müssen einen Teil der wichtigen Wirkstoffe wieder in Europa produzieren lassen. Und da hilft nur der Zwang, dass die Krankenkassen dann auch aus Europa kaufen müssen", äußerte sich Lauterbach im ZDF-"heute journal" am Dienstagabend (20. Dezember). Bisher werden viele Wirkstoffe und Medikamente fast ausschließlich in Drittstaaten wie Indien oder China produziert.

Daher sollen die Krankenkassen ab sofort mehr für Arzneimittel für Kinder bezahlen, um auf die derzeitigen Lieferengpässe zu reagieren. "Wir müssen diese Arzneimittel für Kinder aus den Festbeträgen herausnehmen, sodass die auch teurer verkauft werden. Da werde ich heute auch schon reagieren, dass die Krankenkassen angewiesen werden, 50 Prozent mehr zu zahlen als diesen Festbetrag“, erläuterte Lauterbach auch am Dienstag im "Morgenmagazin" der ARD.

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Hausärzte spüren Engpässe deutlich

Obwohl die Bundesregierung hinsichtlich dieses Missstandes schnelle Gegenmaßnahmen angekündigt hat, sehen Hausärzte und Apotheker in den kommenden Monaten keine Entlastung, sondern rechnen weiter mit anhaltendem Medikamentenmangel. "Die jetzt diskutierten Maßnahmen werden in der hausärztlichen Versorgung kurzfristig nur bedingt helfen", erklärt die stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der "Rheinischen Post" am Mittwoch (21. Dezember). So seien die Lieferengpässe in den Hausarztpraxen sehr deutlich zu spüren. Zudem müssten die Hausärzte:innen inzwischen sehr viel Zeit investieren, um Medikationen umzustellen.

Als "Tropfen auf den heißen Stein" bezeichnet der Apothekerverband Nordrhein die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Verbandschef Thomas Preis sagte der "Rheinische Post": "Es wird viele Monate dauern, bis die Versorgungssituation besser wird. Wir gehen davon aus, dass die Lieferprobleme auch 2023 anhalten und noch weitere Arzneimittel betroffen sein werden. Täglich werden neue Medikamente knapp."

Auch Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat Zweifel an den jüngsten Plänen Lauterbachs. "Ob wir kurzfristig durch Aufhebung der Rabattvorgaben und höhere Preise allein zu einer schnellen Auflösung der gegenwärtigen Probleme kommen, darf bezweifelt werden", äußerte er sich gegenüber der "Rheinischen Post" am Mittwoch.

Im Video: Weltärzte-Chef kritisiert Lauterbach-Pläne

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, bezweifelt, dass die jüngsten Pläne von Karl Lauterbach zur Bekämpfung der Medikamentenkrise helfen werden. Der Weltärzte-Chef Gespräch mit ProSieben Newstime.

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Kritik: Lauterbachs Pläne gehen nicht weit genug

Höhere Preise nur für wirklich versorgungsrelevante Kindermedikamente zuzulassen ist eine Forderung, die der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, an Karl Lauterbach in der "Rheinischen Post" am Mittwoch stellt. "Um die Versorgung mit Medikamenten zu gewährleisten, sind entsprechende wirtschaftliche Anreize notwendig. Allerdings geht es hier nicht um hohe Gewinne für die Medikamenten-Hersteller, sondern um die Gesundheit unserer Kinder. Daher müssen die Anreize auf wirklich versorgungsrelevante Arzneimittel beschränkt bleiben“, mahnt Reinhardt. Auch müsse Europa wieder in der Lage sein, aus eigener Kraft “zumindest einen Teil seines Medikamentenbedarfs“ zu decken. 

Alleine von den über 330 von Engpässen betroffenen Medikamenten würden nur wenige Arzneimittelgruppen wie Kinderarzneimittel, Krebsmedikamente oder Antibiotika von den geplanten Maßnahmen erfasst, wie Stephan Pilsinger, CSU-Gesundheitsexperte, Lauterbachs Pläne kritisiert. "Leider gehen die Maßnahmen auch nicht weit genug", kontert er in der "Augsburger Allgemeinen" am Mittwoch.

Doch es gibt nicht nur Kritik. Andrew Ullmann, FDP-Gesundheitsexperte, sprach sich im Deutschlandfunk für die Richtung des Gesundheitsministers aus. So habe Lauterbach mit seinen Eckpunkten den richtigen Weg eingeschlagen. Daher forderte Ullmann einen gemeinsamen "Versorgungs-Gipfel" von Ärzten, Apotheken und Pharmaindustrie. “Das ist immer schlecht, übereinander zu reden. Es ist viel besser, wenn wir miteinander reden, damit wir gemeinsam ein Problem lösen können", beschreibt er die Lage. 

Forderung nach längeren Praxis-Öffnungszeiten

Um der Überfüllung von Kliniken entgegenzuwirken, fordert der Deutsche Städtetag niedergelassene Ärzte:innen auf, ihre Praxen länger geöffnet zu halten. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy appelliert in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Bitte prüfen Sie, Ihre Praxen auch noch nach 18 Uhr, am Samstag und Sonntag und an den Feiertagen offen zu halten." Außerdem sollten bei einfachen Erkrankungen Patienen:tinnen die Nummer der ambulanten Notfallversorgung der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen wählen, also die 116 117. Die Nummer 112 des örtlichen Rettungsdienstes sei hingegen nur für echte Notfälle gedacht.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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