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"Correctiv"-Recherche

"Das Ekligste": Besorgte Reaktionen auf AfD-Geheimtreffen - Partei selbst geht auf Distanz

  • Veröffentlicht: 11.01.2024
  • 17:00 Uhr
  • Anne Funk

"Deportationspläne übelster Form" nennt Markus Söder den Inhalt des kürzlich bekannt gewordenen Treffens von Rechtsextremen und Mitgliedern der AfD. Während andere ein Verbot fordern, geht die rechte Partei selbst zunächst auf Abstand.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Recherche von "Correctiv" hat ein geheimes Treffen aufgedeckt, bei denen AfD-Abgeordnete und Rechtsextreme anwesend waren. 

  • Thema war ein "Masterplan" zur Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland.

  • Die Veröffentlichung rief im ganzen Land Besorgnis hervor - die AfD distanziert sich.

Ein geheimes Treffen in einem Hotel in Potsdam: Rechtsextreme, darunter auch Abgeordnete der AfD, beraten über einen "Masterplan" zur Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland - die Ergebnisse einer Recherche von "Correctiv" sorgten am Mittwoch (10. Januar) für Besorgnis, Diskussion - und Reaktion. 

"Niemand sollte diese Gefahr unterschätzen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach Veröffentlichung des Berichts gegenüber dem Magazin "Stern". "Wir sehen auch jetzt wieder, dass es notwendig und richtig ist, dass der Verfassungsschutz sehr genau beobachtet, welche Kontakte es im rechtsextremistischen Spektrum gibt, wie sich Verfassungsfeinde mit AfD-Vertretern vernetzen und welche menschenverachtenden Ideologien dort propagiert werden."

Kühnert appelliert: "Bekennen Sie Farbe"

Dabei warnte Faeser auch vor einer Gefahr durch geistige Brandstifter, welche den Boden für Gewalt bereiteten. "Ein vermeintlich bürgerliches Antlitz sollte keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass sich diese Extremisten mit ihrer völkischen Ideologie elementar gegen die Menschenwürde jedes Einzelnen richten - und damit gegen das Fundament unserer Demokratie."

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rief zum Engagement gegen die AfD auf. "An alle gerichtet, die nicht wollen, dass sich Geschichte wiederholt, appelliere ich: Bekennen Sie Farbe, und überlassen Sie das Feld nicht den Menschenfeinden", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

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Kommt das Parteiverbot?

Auch ein Verbotsverfahren gegen die AfD wird von vielen wieder aufs Tablett gebracht. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warb dafür, es trotz aller Risiken zu prüfen. "Die AfD organisiert sich mit Demokratiefeinden und Umstürzlern. Das ist hochdramatisch", sagte er dem "Tagesspiegel".

Wenn der Verfassungsschutz die AfD als eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei definiere, "muss der Staat sie genauestens beobachten und ein mögliches Verbot prüfen". Doch: "Ein Parteiverbot hat hohe Hürden und jedes Verfahren dazu würde von der AfD propagandistisch ausgeschlachtet. Das Damoklesschwert eines Verbotes sollte aber über der AfD hängen bleiben."

"Das erinnert wirklich als Vorstufe an das Düsterste, was man sich überhaupt noch vorstellen kann und das Ekligste."

Markus Söder, Ministerpräsident Bayern

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht einem Verbot weiterhin skeptisch gegenüber. "Ich glaube, dass das Verbot einfach verfassungsrechtlich extreme Hürden hat. Und ein solches Verbot anzustreben, führt zu einem ziemlich sicheren Scheitern wohl", sagte er in einem am Donnerstag (11. Januar) vom Deutschlandfunk veröffentlichten Auszug aus einem Radiointerview.

Man würde damit der AfD einen Freibrief geben und sie derart stärken, dass sie "wahrscheinlich in demokratischen Wahlen kaum mehr zu stoppen" sei. Die "Deportationspläne übelster Form" verurteilte Söder aufs Schärfste. "Das erinnert wirklich als Vorstufe an das Düsterste, was man sich überhaupt noch vorstellen kann und das Ekligste."

Im Video: Söder über AfD-Vertreibungspläne

Söder über AfD-Vertreibungspläne: "Das Ekligste, was man sich vorstellen kann"

Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionschef bestätigt Teilnahme

Das Treffen rief auch bei FDP und Grünen Besorgnis hervor. "Die Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte", zieht FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr auf X Parallelen zum Nationalsozialismus. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann mahnte auf X: "Unsere Demokratie, unsere Freiheit, unser Grundgesetz und die Errungenschaften unserer vielfältigen Gesellschaft müssen wir verteidigen gegen die Feinde der Demokratie. Das ist hoffentlich spätestens jetzt vielen Menschen klar."

Insbesondere die Teilnahme von Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionschef Ulrich Siegmund halten zahlreiche Parteien für untragbar. "Ein Vorsitzender des Sozialausschusses, der solche Umsturzfantasien unterstützt, ist absolut inakzeptabel", so SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle. "Wer sich gegen Menschen- und Bürgerrechte stellt, hat auf einer herausgehobenen Position des Landtages nichts zu suchen", erklärte Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern. Siegmund müsse vom Ausschussvorsitz abgelöst werden.

Laut dem Bericht von "Correctiv" hatte Siegmund selbst seine Teilnahme an dem Treffen bestätigt. Allerdings sei er dort nicht in seiner Funktion als Abgeordneter der AfD gewesen, sondern als Privatperson. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verwies Siegmund an die Landtagsfraktion. Diese teilte mit, dass man private Treffen oder Tätigkeiten von Fraktionsmitgliedern nicht bewerte. Aussagen Dritter könnten der Fraktion oder Siegmund nur wegen einer Anwesenheit nicht zugeschrieben werden. Für einen Rücktritt vom Ausschussvorsitz oder einen Abwahlantrag gebe es keinen Anlass, hieß es.

Im Video: AfD bezieht Stellung zu Treffen über Vertreibungsplan

AfD bezieht Stellung zu Treffen über Vertreibungsplan

Auch der stellvertretende Potsdamer AfD-Kreisvorsitzende Tim Krause hatte auf Anfrage bestätigt, dass er bei dem Treffen zeitweise anwesend gewesen sei, so die "Tagesschau". Der auch als Pressesprecher der AfD-Landtagsfraktion tätige Krause habe betont: "Es war eine rein private Veranstaltung."

Von der AfD-Spitze habe es auf eine "Correctiv"-Anfrage bisher keine Äußerung gegeben. Lediglich wurde ein Statement auf Facebook veröffentlicht, in dem sich die Vorsitzende Alice Weidel offen für den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft und eine "Remigration" von "Kriminellen" ausspricht.

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Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner bestätigte inzwischen, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen habe, berichtet die "Tagesschau". In einer Mail habe er geschrieben, dass sein Plan nicht geheim sei, sondern "im patriotischen Lager breit und öffentlich diskutiert" werde. Das Konzept der "Remigration" sei ein Vorschlag von ihm. "Welche Partei diesen aufgreift oder eventuell umsetzt, ist aus meiner Sicht nicht relevant", so Sellner.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Tagesschau: "Empörung, Sorge und maximale Distanz"
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