Wer bekommt wie viel?
Koalitionsausschuss tagt: Beratungen über Entlastungen am Samstag
- Veröffentlicht: 03.09.2022
- 13:12 Uhr
- dpa
Die Energiepreise steigen explosionsartig an und jetzt hat der russische Gaslieferant Gazprom auch noch die Nord-Stream-1-Leitung zugedreht. Der Koalitionsausschuss berät nun an diesem Samstag über weitere Entlastungen. Finanzielle Unterstützung soll denen sicher sein, die von den steigenden Preisen überfordert werden.
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE:
- Die Spitzen der Ampel-Koalition wollen über deutliche Entlastung entscheiden.
- Neue Entlastungen könnten gezielte Hilfen für Rentner und Studierende, Steuersenkungen und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket sein.
- Gewerkschaften, Linke und AfD wollen eventuell unzufriedene Menschen zu sozialen Proteste aufrufen.
Nach wochenlanger Diskussion über weitere Entlastungen wegen der steigenden Energiepreise wollen die Führungsleute der Ampel-Koalition an diesem Samstag konkrete Schritte vereinbaren. Sie stehen unter dem zusätzlichen Druck des nun womöglich völligen Stopps russischer Gaslieferungen durch die Leitung Nord Stream 1: Anders als angekündigt nimmt Gazprom nach einer Wartung die ohnehin schon reduzierte Lieferung an diesem Samstag doch nicht wieder auf, wie der russische Staatskonzern am Vorabend ohne Angabe eines Zeithorizonts verkündete.
Die Spitzen der Ampel-Koalition wollen über deutliche Entlastung wegen der hohen Preise entscheiden. Die Partei- und Fraktionschefs sind dafür am Samstag bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin eingetroffen. Vorgesehen ist vor dem Hintergrund der Krise um russisches Gas und die hohe Inflation ein "wuchtiges Paket", wie FDP-Chef Christian Lindner und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Vorfeld angekündigt hatten.
Scholz hatte bei einer Kabinettsklausur Mitte der Woche ein "möglichst maßgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket" angekündigt. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte am Samstag im Deutschlandfunk: "Wir wissen: Wir können die Menschen mit der Inflation und den steigenden Energiepreisen nicht allein lassen."
Gezielte Entlastungen gefordert
Für ein mögliches Entlastungspaket im Gespräch sind unter anderem gezielte Hilfen für Rentner und Studierende, Steuersenkungen und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Nahverkehrsticket. Bisher hatten SPD, Grüne und FDP ihre teils unterschiedlichen Positionen abgesteckt. Scholz hatte bei der Klausur in Meseberg bei Berlin gesagt: "Wir arbeiten am großen Bauwerk, und die Architektur dieses Bauwerks hängt eben von allen Einzelteilen ab, die aber nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben."
Der genaue Zeitpunkt für den Beginn des Koalitionsausschusses im Kanzleramt war im Vorfeld offen geblieben. Zu den Beratungen kamen am Morgen unter anderem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und die Partei- und Fraktionsspitzen in Scholz' Amtssitz an.
Aus Sicht des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil sind präzisere Hilfen als bisher nötig. "Wir müssen denen helfen, die wirklich in existenzielle Nöte geraten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Dies bedeute auch, dass Gutverdiener Einbußen erleiden, "aber das können sie verkraften". Dass die Rentner hingegen bei der Energiepauschale von 300 Euro nicht berücksichtigt worden seien, sei "ein Fehler" gewesen. "Der muss jetzt korrigiert werden."
Bisher wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.
Aufrufe zu sozialen Protesten
Gewerkschaften, Linke und AfD wollen ihren eigenen Ankündigungen nach unzufriedene Menschen möglicherweise zu sozialen Proteste im Herbst aufrufen. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es geht um nicht weniger als die Frage, ob es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger wirksam und nachvollziehbar zu entlasten, oder ob die wachsende Unsicherheit zu einem Bruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt."