Vorzeitige Abreise vom NATO-Gipfel
Nach umstrittenem Putin-Besuch: Orban provoziert mit Trump-Treffen
- Aktualisiert: 12.07.2024
- 08:48 Uhr
- dpa
Unmittelbar nach dem NATO-Gipfel in Washington hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Florida besucht. Gleichzeitig erhebt die ungarische Regierung schwere Vorwürfe gegen die NATO-Partner und spricht von Doppelmoral im Umgang mit dem Ukraine-Krieg.
Das Wichtigste in Kürze
Zum Abschluss des NATO-Gipfels in Washington hat die ungarische Regierung den Partnern Doppelmoral und Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen.
Außenminister Szijjarto kritisierte die Widersprüchlichkeit, dass die NATO den Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu verhandeln.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte den Gipfel vorzeitig verlassen, um Donald Trump zu treffen.
Die ungarische Regierung hat den NATO-Partnern zum Abschluss des Bündnisgipfels in Washington Doppelmoral und Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen. "Wir werden weiterhin für Dialog und diplomatische Kanäle eintreten, da die derzeitige Strategie der letzten zweieinhalb Jahre ein totaler Fehlschlag war", sagte Außenminister Peter Szijjarto nach Angaben eines Sprechers in einer Sitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Szijjarto vertrat dort Regierungschef Viktor Orban, der den Gipfel vorzeitig verlassen hatte, um den früheren US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu treffen.
Konkret kritisierte Szijjarto, dass es widersprüchlich sei, dass die NATO den Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu verhandeln. "Sie wollen, dass Israel mit einer terroristischen Organisation verhandelt, um eine Sicherheitskrise zu lösen, während die diplomatischen Kanäle für den Ukraine-Krieg geschlossen sind", sagte er.
Geheime Absprachen zwischen USA und Russland?
Als ebenfalls widersprüchlich kritisierte Szijjarto, dass auf EU-Länder wie Ungarn Druck ausgeübt werde, die nukleare Zusammenarbeit mit Russland zu beenden, während der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im Bereich Uran, zunehme. Dabei stellte er auch die Frage, ob es vielleicht Geheimverhandlungen gebe.
Zu dem NATO-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Szijjarto, dass eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen könnte. Es sei deswegen wichtig, die Mitgliedschaft genau zu prüfen.
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Orbans "Friedensmission" in der Kritik
Von Sitzungsteilnehmern hieß es nach dem Gipfel, Ungarn sei bei der Diskussion isoliert gewesen. Mehrere Alliierte hätten auch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit den Einlassungen des ungarischen Außenministers nicht einverstanden seien.
Die Reise von Orban zu Trump hatte bei dem Gipfel schon vor der Rede seines Außenministers für Diskussionen gesorgt. Der frühere US-Präsident, der nach seiner Abwahl vor vier Jahren nun wieder bei der Präsidentschaftswahl antritt, gilt wie Orban als offen für Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach einem Treffen im März hatte Orban Trump als "Präsidenten des Friedens" bezeichnet, während der Amerikaner den Ungarn als "besten Führer" überhaupt rühmte.
Orban veröffentlichte auf X ein Foto von dem aktuellen Treffen, das in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida stattfand, und schrieb dazu: "Friedensmission 5.0 (…) Wir haben über Wege zum #Frieden diskutiert. Die gute Nachricht des Tages: Er wird es lösen!"
Scholz bekommt Frage zu Orban
Orbans als "Friedensmission" bezeichnete Reisen hatten ihn vor den USA in die Ukraine, Russland und nach China geführt.
Über seine viel kritisierte Reise nach Moskau zu Putin hatte Orban, dessen Land seit Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft innehat, gesagt "Die EU-Ratspräsidentschaft kann es sich einfach nicht leisten, sich nicht mit der Frage zu beschäftigen, wie man dem Frieden näher kommen kann."
Er betonte, nicht zu verhandeln, weil er kein Mandat dazu habe. "Ich versuche, den europäischen Staats- und Regierungschefs die Chance auf einen Frieden vor Augen zu führen." Er stelle Fragen, sammele Informationen und werde darüber berichten.
Bundeskanzler Olaf Scholz erteilte Forderungen nach Konsequenzen wie zum Beispiel einem vorzeitigen Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft eine Absage. "Solche Überlegungen gibt es nicht", sagte er vor der Presse nach dem Gipfel.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa