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Umstände unklar

Nur noch fünf Ärzte: Schifa-Krankenhaus in Gaza weitgehend geräumt

  • Veröffentlicht: 18.11.2023
  • 22:16 Uhr
  • Michael Reimers
18. November 2023, Gaza-Stadt: Palästinenser untersuchen Taxis, die vom israelischen Militär getroffen wurden.
18. November 2023, Gaza-Stadt: Palästinenser untersuchen Taxis, die vom israelischen Militär getroffen wurden.© Adel Hana/AP/dpa

32 Frühgeborene, 126 Verletzte und eine Handvoll Ärzte sollen im Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt zurückgeblieben sein. Alle anderen Patient:innen wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mit dem Großteil des Personals vom israelischen Militär evakuiert. Israel widerspricht.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Das größte Krankenhaus in Gaza ist offenbar evakuiert worden.

  • Nur noch wenige Patient:innen und medizinisches Personal befinden sich weiterhin in der Schifa-Klinik.

  • Bei einem Angriff auf eine UN-Schule in Gaza hat es den Vereinten Nationen zufolge zahlreiche Tote gegeben.

Nach palästinensischen Angaben ist das von israelischen Soldaten eingenommene Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt weitgehend evakuiert worden. In der größten Klinik des Gazastreifens befänden sich nur noch 32 Frühgeborene und 126 Verletzte, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen könnten, sagte die palästinensische Gesundheitsministerin Mai al-Kaila am Samstag (18. November) vor Journalist:innen in Ramallah im Westjordanland.

Die "zurückgelassenen" Patient:innen müssten nun in andere Kliniken verlegt werden, entweder nach Ägypten oder ins Westjordanland, forderte die Ministerin. Nach der Evakuierung befänden sich nur noch fünf Ärzte in dem Krankenhaus.

Im Video: Exodus aus der Schifa-Klinik in Gaza: Grund unklar

Exodus aus der Schifa-Klinik in Gaza: Grund unklar

Gründe für Räumung noch unklar

Zu den genauen Umständen der weitgehenden Evakuierung gab es am Samstag zunächst widersprüchliche Informationen: Nach palästinensischen Angaben wurden Patient:innen, Schutzsuchende und Mitarbeiter:innen am Samstagmorgen gezwungen, die Klinik innerhalb einer Stunde zu verlassen.

Israels Armee hingegen erklärte, zu keinem Zeitpunkt die Evakuierung von Patient:innen oder medizinischem Personal angeordnet zu haben. Die Ausweitung der Evakuierung geschehe auf Wunsch des Klinik-Direktors, erklärte das Militär.

Augenzeugen im Gazastreifen bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, dass zahlreiche Menschen das Gelände der Klinik verließen.

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Widersprüchliche Angaben

Die israelische Armee erklärte, es gehe darum, weiteren Menschen, die zunächst in der Klinik Schutz gesucht hätten, die Evakuierung zu ermöglichen und "dies über den sicheren Weg zu tun". Das Militär bot nach eigenen Angaben auch an, die Evakuierung von Patient:innen zu ermöglichen.

Die Armee veröffentlichte auch einen Mitschnitt, der den Angaben zufolge aus einem Telefonat zwischen einem Vertreter Israels und dem nicht namentlich genannten Direktor der Schifa-Klinik stammte. Darin sagt dieser, medizinische Teams hätten das Krankenhaus verlassen und er habe keine Kontrolle über deren Entscheidung. Letztlich wolle er, dass auch alle Patient:innen die Klinik verließen. Die Echtheit des Mitschnitts ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Al-Kaila: Klinik jetzt israelischer Militärstützpunkt

Gesundheitsministerin Al-Kaila sagte, die Klinik sei von den Israelis in einen Militärstützpunkt umgewandelt worden. Was Krankenhäusern, Ärzten und Patienten im Gazastreifen widerfahre, sei ein abscheuliches Verbrechen und ein "Völkermord am gesamten Gesundheitssektor". Das Außenministerium im Westjordanland bezeichnete die Evakuierung der Klinik als "ethnische Säuberung".

Israelische Soldaten sind seit Tagen in und um die Klinik im Einsatz – ungeachtet internationaler Kritik an dem militärischen Vorgehen in einem Krankenhaus. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, das Krankenhaus für terroristische Zwecke zu missbrauchen und unter den Gebäuden eine Kommandozentrale zu betreiben. Hamas bestreitet dies.

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Nach Angaben des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu haben Soldaten unter der Klinik eine unterirdische Hamas-Kommandozentrale entdeckt. Terroristen seien vor der Ankunft der Soldaten aus der Klinik geflüchtet, sagte er dem US-Radiosender NPR am Freitag. Das Militär, das regelmäßig Fotos und Videos zum Beispiel von Waffenvorräten der Hamas im Gazastreifen und auch in der Klinik veröffentlicht, legte zunächst keine Belege für Netanjahus Aussage vor.

Israels Armee brachte eigenen Angaben zufolge gut 6.000 Liter Wasser und gut 2.300 Kilogramm Lebensmittel in das Schifa-Krankenhaus. In den Gebäuden und auf dem Gelände der Klinik hatten nach Beginn des Kriegs Tausende Schutz vor israelischen Bombardements gesucht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die Zahl der Menschen in der Klinik vor einigen Tagen noch mit rund 2.000 angegeben, darunter vermutlich mehr als 600 Patienten.

Israel ruft die Menschen in Gaza und dem nördlichen Gazastreifen seit Wochen dazu auf, aus Sicherheitsgründen in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen.

Ärzte ohne Grenzen nahe Schifa-Klinik eingeschlossen

Mitarbeiter:innen von Ärzte ohne Grenzen und deren Angehörige sind nach Angaben der Hilfsorganisation in der Nähe des Schifa-Krankenhauses eingeschlossen. Insgesamt gehe es um 137 Menschen, darunter 65 Kinder, denen es wegen der anhaltenden heftigen Kämpfe in der Stadt Gaza nicht möglich sei, das Gebiet sicher zu verlassen, erklärte die Organisation am Samstag. Bisherige Versuche, die Mitarbeiter:innen und deren Familien zu evakuieren, seien gescheitert. Es brauche dringend einen Waffenstillstand, um Tausende festsitzende Zivilist:innen sicher evakuieren zu können. Sonst liefen Menschen, denen es an Essen und Trinkwasser fehle, Gefahr, "in den nächsten Tagen, wenn nicht gar Stunden", zu sterben, warnte die Organisation.

Die Mitarbeiter in Gaza hörten "die ständigen Geräusche von Schüssen, Granaten und Drohnen", sagte Ann Taylor, Leiterin des Einsatzes von Ärzte ohne Grenzen in den palästinensischen Gebieten. "Wir können es hören, wenn wir mit ihnen telefonieren." Die Evakuierungsroute in den südlichen Gazastreifen sei nach wie vor unsicher, so Taylor. "Sie sind verängstigt, die Lebensmittel sind ihnen schon vor einigen Tagen ausgegangen, und die Kinder sind durch das Trinken von Salzwasser krank geworden. Sie müssen jetzt evakuiert werden."

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Tote und Verletzte bei Angriff auf UN-Schule in Gaza

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) hat nach eigenen Angaben Bilder von einem Angriff auf eine UNRWA-Schule im Norden des Gazastreifens erhalten. Zahlreiche Menschen seien getötet oder verletzt worden, erklärt UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini auf der Plattform X. Die Fotos und Filmaufnahmen seien entsetzlich.

"Diese Angriffe können nicht zur Normalität werden, sie müssen aufhören." Eine humanitäre Waffenruhe dürfe nicht länger aufgeschoben werden. Vom israelischen Militär gibt es zunächst keine Stellungnahme. Vertreter:innen der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen waren zunächst nicht zu erreichen.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
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