Kreml-Chef unbeirrt
Sind die Russen kriegsmüde? Umfrage zeigt schwindende Unterstützung für Putin
- Aktualisiert: 24.10.2024
- 12:07 Uhr
- Michael Reimers
Wladimir Putin mag vor allem eins nicht: Kritik vom eigenen Volk. Neuen Zahlen zufolge sind aber weit weniger mit seiner Außenpolitik zufrieden, als ihm lieb sein kann.
Das Wichtigste in Kürze
Wer in Russland Kreml-Chef Putin kritisiert, begibt sich auf gefährliches Terrain.
Doch auch wenn der Kreml Maulkörbe verteilt: Eine neue Umfrage zeigt, dass vor allem die Außenpolitik des Präsidenten selbst Putin-Befürwortern nicht wirklich gefällt.
Der Krieg gegen die Ukraine und Putins antiwestlicher Kurs bekommen demnach nur wenig Zustimmung.
Kreml-Chef Wladimir Putin duldet keine Kritik an seiner Person und seiner Regierung im eigenen Land. Sonderlich gute Zustimmungswerte in der Außenpolitik kann er aber dennoch nicht einfahren, wie eine Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Chronicles ergab, die "Newsweek" nach eigenen Angaben einsehen konnte.
Putins Außenpolitik hat desaströse Zustimmungswerte
Demnach unterstützen weniger als ein Sechstel der Befragten die Außenpolitik des russischen Präsidenten. Dabei stehe die Spezialoperation, wie der Kreml den russischen Angriff auf die Ukraine bezeichnet, und Putins antiwestliche Rhetorik im Vordergrund.
Was aber nicht zu vernachlässigen ist und auch "Newsweek" betont: Die Ermittlung einer wahren öffentlichen Meinung über Putin und den Krieg in der Ukraine mittels staatlicher Umfragen sei angesichts des harten Vorgehens des Kremls gegen Andersdenkende mit Vorsicht zu genießen.
Chronicles wurde vom russischen Oppositionspolitiker Aleksei Miniailo gegründet. Gemeinsam mit einem Team von Soziolog:innen hat die Gruppe in den vergangenen zwei Jahren Umfragen durchgeführt, wie "Newsweek" weiter berichtet.
So wenig Putin-Befürworter sind mit Außenpolitik zufrieden
Die jüngste Umfrage sei demnach unter 800 Personen zwischen dem 10. und 17. September durchgeführt worden. Die Frage, ob die Teilnehmer:innen das Vorgehen der russischen Führung guthießen, bejahte mit 78 Prozent die Mehrheit. Das stimmt dem "Newsweek"-Bericht zufolge in etwa mit anderen nationalen Umfragen überein. Die weiteren Fragen zeigten jedoch, dass dennoch nicht alle Putin-Entscheidungen für gut befunden werden.
So gaben nur 14 Prozent derer, die Putin befürworten und im März bei den Wahlen für ihn gestimmt hatten, an, mit den außenpolitischen Positionen des Kreml-Chefs übereinzustimmen, allen voran dem Krieg in der Ukraine und Putins Konfrontationskurs gegenüber dem Westen.
"Die Mehrheit der Russen sagt, dass sie Putin zustimmen, weil es das ist, was man in der Sozialwissenschaft eine normative Position nennt - was ein guter patriotischer Bürger denken sollte", zitiert "Newsweek" Miniailo, betont aber: "Die Mehrheit will nicht, was die Regierung tut, und möchte, dass andere Dinge geschehen. Das Problem ist, dass die Menschen in autoritären Regimen nicht viel Macht haben, um ihre Regierung zu ändern, anders als in Demokratien."
Trotz Putin-Zustimmung: So viele befürworten Frieden mit Ukraine
Das Chronicles-Team fand dem Bericht zufolge zudem heraus, dass von denjenigen, die Putin generell zustimmten, 61 Prozent einen Friedensvertrag mit der Ukraine befürworten - und das mit gegenseitigen Zugeständnissen. Putin hatte sich hier bisher stets stur gestellt. Fast die Hälfte der Befragten (43 Prozent) wollte auch die Beziehungen zum Westen wiederherstellen.
"Wenn jemand sagt, er wolle die Beziehungen zu den westlichen Ländern wiederherstellen, dann kauft er dieses Narrativ eindeutig nicht, und das widerspricht eindeutig dem, was Putin de facto tut", wurde Miniailo deutlich.
Auch scheinen der Umfrage zufolge viele müde von außenpolitischen Zielen: Wie "Newsweek" weiter berichtet, will eine überwältigende Mehrheit von Putin-Unterstützer:innen (83 Prozent), dass sich die russische Regierung auf soziale und wirtschaftliche Probleme im Inland konzentriert.
Putin-Kritiker: Opfert nationales Wohlergehen für Außenpolitik
Bei denjenigen, die Putins nicht guthießen, stimmten dem sogar 92 Prozent zu. 79 Prozent von ihnen wollten einen Friedensvertrag mit der Ukraine mit gegenseitigen Zugeständnissen und 90 Prozent wollten die Beziehungen zu den westlichen Ländern wiederherstellen.
Wladimir Putin dürfte das wenig beirren: Er hat "Newsweek" zufolge bereits einen großen Teil des Staatshaushalts in den kommenden Jahren für das Militär eingeplant.
"Putin sagt zwar, dass er viele Dinge tut, um die Lage in Russland zu verbessern, aber er tut es nicht", kritisierte Miniailo demnach. "Die für die Polizei und den FSB (Russlands Geheimdienst und Sicherheitsorganisation) eingesparten Haushaltsmittel werden gekürzt", so Miniailo. Also opfere Putin de facto "wieder einmal das nationale Wohlergehen für seine Außenpolitik".
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