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Vergiftungen möglich

Trotz Pilzbestimmungs-App im Krankenhaus? Experte warnt vor lebensgefährlichen Verwechslungen

  • Aktualisiert: 23.10.2024
  • 14:32 Uhr
  • Lara Teichmanis
Der Eifeler Pilzsachverständige Thomas Regnery zeigt einen essbaren und ungiftigen Champignon. Allein in der Eifel wachsen 6.000 verschiedene Arten von Pilzen.
Der Eifeler Pilzsachverständige Thomas Regnery zeigt einen essbaren und ungiftigen Champignon. Allein in der Eifel wachsen 6.000 verschiedene Arten von Pilzen.© Harald Tittel/dpa

In Deutschland existieren giftige Pilzarten, die äußerlich den essbaren Pilzen sehr ähnlich sind. Der Experte gibt Tipps für Hobbysammler:innen

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Der renommierte Pilzsachverständige Thomas Regnery aus der Eifel rät dringend davon ab, Apps zur Bestimmung von Pilzen anhand von Fotos zu verwenden. Seiner Erfahrung nach kann dies zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Immer öfter hört er von Patient:innen im Krankenhaus, die sich aufgrund falscher Identifikationen durch Apps giftige Pilze konsumiert haben und dann behaupten: "Aber meine App hat gesagt, das ist der oder der Pilz."

Allein in der Eifel gibt es zwischen 6.000 und 7.000 verschiedene Pilzarten. Regnery betont, dass nur etwa 1.000 dieser Arten anhand ihrer äußeren Merkmale wirklich sicher bestimmt werden können. Für den Rest ist eine mikroskopische Untersuchung oder der Einsatz von chemischen Tests erforderlich. Aus diesem Grund kann keine App der Welt eine verlässliche Sicherheit bieten, dass ein Pilz tatsächlich der ist, den sie zu identifizieren vorgibt, erklärt er.

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Verwechslungen können lebensgefährlich werden

Pilzvergiftungen können lebensgefährlich sein, wie ein aktueller Fall in Essen zeigt. Vier Patient:innen, darunter drei Kinder, wurden nach dem Verzehr von giftigen Knollenblätterpilzen mit akutem Leberversagen ins Uniklinikum Essen eingeliefert. Inzwischen mussten drei von ihnen eine Lebertransplantation durchführen lassen. Zwei der betroffenen Kinder stammen aus dem Saarland. Auch in Münster erhielt eine Patientin, die schwer an einer Pilzvergiftung erkrankt war, eine Spenderleber.

Im Video: Giftiger Doppelgänger - darauf sollte man beim Pilze sammeln achten

Solche Vergiftungen mit dem grünen Knollenblätterpilz kommen leider immer wieder vor, so Pilzsachverständiger Thomas Regnery. Er berichtet von einem aktuellen Fall, bei dem ein achtjähriger Junge aus dem Kreis Ahrweiler nach dem Sammeln und Verzehr von Pilzen Brechdurchfall bekam. "Es war höchste Eisenbahn. Ich habe ihn sofort in die Notaufnahme ins Krankenhaus Mechernich geschickt." Glücklicherweise geht es dem Kind mittlerweile besser.

Knollenblätterpilz häufig Grund für tödliche Vergiftung

Der grüne Knollenblätterpilz sei einer der giftigsten Pilze überhaupt, der häufig mit dem Champignon verwechselt werde. "Eigentlich ist das erstaunlich, weil man ihn gar nicht verwechseln kann", sagte der Experte. Der Knollenblätterpilz hat immer weiße Lamellen unter seinem Hut, während der Champignon niemals weiße Lamellen hat. Bei ihm sind die Lamellen rosa und gehen von Braun bis Schwarz.

Im Video: Vorsicht beim Pilze-Sammeln - Verwechslungsgefahr mit giftigen Pilzen droht

Yuri Bruinen de Bruin, Leiter der Fachgruppe Nationales Vergiftungsregister am Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin, warnt: "In Deutschland gibt es sehr giftige Pilze, die essbaren Pilzen zum Verwechseln ähnlich sehen. Das kann auch für erfahrene Sammlerinnen und Sammler gefährlich werden."

Etwa zehn Prozent aller Pilzvergiftungen gehen auf Knollenblätterpilze zurück, sie sind für mindestens 80 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen in Deutschland verantwortlich, so das Institut.

Dennoch betont Pilzsachverständiger Regnery, der seit 1999 in diesem Bereich tätig ist, dass man die Gefahr von Pilzvergiftungen nicht überdramatisieren sollte. Jedes Jahr gibt es bundesweit zwischen 200 und 300 gemeldete stationäre Behandlungen aufgrund von Pilzvergiftungen, meist mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Dies sei nicht besonders häufig.

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Im Allgemeinen seien Pilzsammler bereits vorsichtig genug und kennen sich in ihrem Gebiet recht gut aus. Falls Fragen zu Pilzen auftauchen, können Pilzsachverständige um Rat gefragt werden. Zudem beantworten die Giftinformationszentren der Länder jährlich mehrere Tausend Anfragen zu Pilzen.

Ein Problem besteht jedoch, wenn Menschen aus anderen Ländern, insbesondere Osteuropa, nach Deutschland ziehen und mit anderen Pilzarten vertraut sind. "Sie sammeln Pilze und denken, dass es dieselben sind, und dann passieren Vergiftungen", erklärt der Pilzsachverständige.

Hervorragendes Pilzjahr

Wenn der 54-Jährige einen Pilz bestimmt, hebt er ihn mit dem Finger aus der Erde und dreht ihn um. "Bei Pilzen spielt die Musik unter dem Hut", erklärte der Fachmann. Er studiert den Stiel und die Lamellen genau. Anhand eines stark gerieften Rands, einer honigbraunen Farbe und einer Manschette am Stiel erkennt er beispielsweise einen Hallimasch. Dieser Pilz ist roh giftig und muss lange gekocht werden, um genießbar zu werden.

2024 war ein außergewöhnlich gutes Pilzjahr, berichtet der Fachmann. Der Wald war voller Pilze. Ein vergleichbar gutes Jahr habe er zuletzt 1986 erlebt. Die Pilzsaison ist immer noch im Gange, da sich die Pilze bei den derzeit milden Temperaturen wohlfühlen, so Regnery.

Als beliebte und gut verträgliche Speisepilze nennt er Klassiker wie Steinpilze, Maronen-Röhrlinge, Ziegenlippen, Champignons, Pfifferlinge, Totentrompeten und Reizker. Insgesamt empfiehlt er rund 40 Arten. Regnery hat im Sommer 2022 auch ein Buch zur Bestimmung der häufigsten Pilze in deutschen Mittelgebirgen veröffentlicht. Seit 1992 führt er regelmäßig Pilzwanderungen für die Volkshochschule Gerolstein durch.

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Finger weg von winzigen Pilzen!

Das Interesse an Pilzexkursionen ist laut Martina Regnery-Hubo, der Frau des Pilzsachverständigen, sehr groß. Sie vermutet, dass viele Menschen Freude daran haben, weil Pilze kostenlose Nahrungsmittel aus dem heimischen Wald sind.

Der wichtigste Tipp, den Regnery für Pilzsammler hat, lautet: "Sammle nur das, was du eindeutig identifiziert hast." Zudem rät er: "Finger weg von ganz kleinen, jungen Pilzen!" Denn hier ist die Gefahr der Verwechslung besonders groß, beispielsweise kann ein Pfifferling leicht mit dem giftigen orangefuchsigen Raukopf verwechselt werden. Es ist also äußerst wichtig, Pilze genau zu kennen.

Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt und vor der Veröffentlichung von der Redaktion sorgfältig geprüft.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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