SPD klärt K-Frage
"Unwürdiges Gewürge": Reaktionen auf Pistorius-Rückzug und Scholz Kanzlerkandidatur
- Aktualisiert: 22.11.2024
- 04:18 Uhr
- Rebecca Rudolph
Olaf Scholz soll erneut als Kanzlerkandidat der SPD antreten, nachdem Boris Pistorius überraschend auf eine Kandidatur verzichtet hat. Die Entscheidung löst gemischte Reaktionen in der Politik aus - ein Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
Am Montag wird der SPD-Vorstand voraussichtlich Olaf Scholz offiziell als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl nominieren.
Verteidigungsminister Pistorius erklärte in einem Video überraschend seinen Verzicht auf eine Kandidatur und betonte, es sei eine persönliche Entscheidung.
Die Entscheidung wurde innerhalb und außerhalb der SPD kontrovers diskutiert - von Solidaritätsbekundungen bis hin zu Kritik und Spott.
Am kommenden Montag (25. November) soll Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius vom SPD-Vorstand zum Kanzlerkandidatent für die Neuwahl des Bundestags nominiert werden.
Nach kontroverser öffentlicher Debatte in der SPD hatte Pistorius zuvor den Weg für eine erneute Kandidatur des Kanzlers freigemacht.
Am Donnerstagabend (21. November) erklärte Pistorius dann in einem dreiminütigen von der SPD verbreiteten Video den Verzicht auf eine Kandidatur, auf die er nie öffentlich Anspruch erhoben hat. "Soeben habe ich unserer Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers", sagte er.
Das ist meine souveräne, meine persönliche und ganz eigene Entscheidung.
Boris Pistorius
Um im Amt bleiben zu können, muss Scholz in den nächsten drei Monaten ausweislich der Wahlumfragen etwa 15 bis 20 Prozentpunkte Rückstand auf die Union aufholen.
Der Entscheidung der Parteispitze ging eine zähe Debatte über Pistorius als möglichen Ersatzkandidaten voraus, der in allen Umfragen der mit Abstand beliebteste Politiker Deutschlands ist. Immer mehr SPD-Politiker:innen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene hatten sich in den vergangenen Tagen offen für ihn ausgesprochen.
Erste Reaktionen aus der Politik fallen gemischt aus
FDP-Chef Christian Lindner nutzte die Pistorius' Entscheidung für Kritik an Olaf Scholz.
Externer Inhalt
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken begrüßte den Verzicht von Pistorius. "Die Entscheidung von Boris Pistorius ist souverän und ein großes Zeichen der Solidarität zur SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz..
FDP-Vize Wolfgang Kubicki reagierte mit Spott.
Aus parteipolitischen Gründen kann ich mich nur über diese Entscheidung freuen.
Wolfgang Kubicki, FDP
Kubicki sagte der "Rheinischen Post": "Die SPD setzt klar auf das Signal eines Weiter so, was auf die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in der aktuellen wirtschaftlichen Krisenlage sicher Eindruck machen wird."
Darüber hinaus sei es bezeichnend, "dass Pistorius diese Frage als selbstbestimmte Entscheidung vorträgt, nach Tagen der Spekulationen und des unwürdigen Gewürges", so Kubicki.
CDU-Politiker: Scholz ist nicht zu unterschätzen
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten äußerte sich kritisch über Pistorius' Rückzug. "Ich bedauere diese Entwicklung", sagte Weingarten dem "Spiegel". "Jetzt muss es das Ziel sein, gemeinsam und geschlossen das bestmögliche Wahlergebnis für die SPD zu erzielen."
Mathias Middelberg (CDU), Vizefraktionsvorsitzender der Union, nahm die Nachricht positiv auf. Middelberg sagte der "Rheinischen Post": "Pistorius wäre für uns unangenehmer gewesen." Kanzler Olaf Scholz sei dennoch nicht zu unterschätzen: "Der Wahlkampf 2021 hat das gezeigt", so der niedersächsische Bundestagsabgeordnete.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stärkte dem Bundeskanzler den Rücken. "Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten finden auch richtig, dass wir mit Olaf Scholz in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen", sagte der SPD-Politiker.
Weil lobte Kompetenz und Besonnenheit des Kanzlers. In Krisenzeiten sei es von "fundamentaler Bedeutung, dass an der Spitze der Bundesregierung jemand steht, der mit Erfahrung und mit Umsicht vorgeht und der sicher dafür sorgt, dass wir keinen Krieg haben werden und dass wir alle Möglichkeiten für Frieden nutzen", so Weil.
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Parteivorstand nominiert Scholz am Montag
Am Montag soll die Nominierung in der regulären Sitzung des Parteivorstands erfolgen. Bereits am Donnerstagabend schalteten sich die Vorstandsmitglieder digital zusammen. In der niedersächsischen Landesvertretung kamen gleichzeitig die SPD-Ministerpräsidenten zunächst mit Scholz zusammen, anschließend stieß die Parteispitze hinzu.
"Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen", sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil nach den digitalen Beratungen. Und er rief seine Partei auf, sich nach den Querelen der vergangenen Tage hinter dem designierten Kanzlerkandidaten zu versammeln. "Jetzt geht es um Geschlossenheit und den gemeinsamen Weg und es geht darum, dass wir uns gemeinsam als SPD aus dieser Situation herauskämpfen."
- Verwendete Quelle:
- Nachrichtenagentur dpa