"Deutschland-Monitor"
Unzufrieden und abgehängt: Ostdeutsche fühlen sich besonders häufig benachteiligt
- Veröffentlicht: 29.01.2024
- 17:08 Uhr
- Michael Reimers
Doppelt so viele Ostdeutsche wie Westdeutsche leiden unter dem Gefühl, gesellschaftlich abgehängt zu sein. Der Wunsch nach mehr staatlicher Regulierung nimmt hingegen im Westen auffällig stark zu.
Das Wichtigste in Kürze
Der "Deutschland-Monitor" für das Jahr 2023 ergab in einigen Bereichen große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.
In strukturschwachen ostdeutschen Gegenden ist etwa das Gefühl des Abgehängtseins überproportional stark ausgeprägt.
Die Idee der Demokratie wird jedoch von einer beeindruckenden Mehrheit befürwortet.
Die gute Nachricht zuerst: Sowohl in Ostdeutschland als auch in Westdeutschland sprechen sich fast alle Menschen (97 Prozent) für die Idee der Demokratie aus. Das ergab der neueste "Deutschland-Monitor" 2023, der am 29. Januar vom Zentrum für Sozialforschung Halle, von der Universität Jena und vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim vorgestellt wurde. Zufrieden allerdings sind demnach längst nicht alle Befragten damit, wie es aktuell um das Funktionieren der Demokratie in Politik und Gesellschaft in Deutschland bestellt ist. 56 Prozent der Ostdeutschen zeigten sich der Studie zufolge damit unzufrieden, in Westdeutschland sind es 40 Prozent.
Große Einigkeit hingegen herrscht bei der Beurteilung der Lebensqualität der Menschen in Ost und West. Auch Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt es in dieser Beziehung kaum. Allerdings fühlen sich Ostdeutsche zu 19 Prozent und damit mehr als doppelt so häufig abgehängt wie Menschen in Westdeutschland (acht Prozent).
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Ostdeutsche fühlen sich häufiger abgehängt als Westdeutsche
Allerdings fühlen sich Ostdeutsche zu 19 Prozent und damit mehr als doppelt so häufig abgehängt wie Menschen in Westdeutschland (acht Prozent). Ostdeutsche äußerten auch häufiger den Eindruck, dass sich die Politik nicht ausreichend für ihre Region interessiert und sich zu wenig für deren wirtschaftliche Entwicklung einsetzt. "Dieses Gefühl sollte ernst genommen werden, denn wer sich oder seine Region als 'abgehängt' ansieht, neigt eher zu populistischen Einstellungen und ist weniger zufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie", sagte dazu die Jenaer Politikwissenschaftlerin Marion Reiser.
Die Ost-West-Unterschiede seien zum Teil auf objektive Faktoren zurückzuführen. So sei das Gefühl des Abgehängtseins in jenen ostdeutschen und strukturschwachen Gegenden besonders stark verbreitet, die stärker von Überalterung und Abwanderung betroffen sind.
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Ruf nach staatlicher Regulierung wird lauter
Ein gesamtdeutscher Konsens besteht der Studie zufolge hinsichtlich der zentralen Rolle des Sozialstaats. 78 Prozent, aber inzwischen auch 66 Prozent der Westdeutschen, erwarten, dass der Staat dafür verantwortlich sei, allgemeine Lebensrisiken aufzufangen oder abzufedern. Der Ruf nach staatlicher Regulierung hat sich damit innerhalb des vergangenen Jahrzehnts weiter verstärkt.
Immer mehr westdeutsche Befragte nähern sich der Meinung der Ostdeutschen an, für welche Bereiche sie den Staat in der Pflicht sehen. Der Studie zufolge soll der Staat soziale Absicherung und preiswerten Wohnraum gewährleisten, aber auch die Versorgung im Krankheitsfall, im Alter und bei Arbeitslosigkeit. Außerdem hat er sich nach Ansicht der Bürger:innen für die Förderung wirtschaftlichen Wachstums und den Abbau von Einkommensunterschieden einzusetzen sowie für Lohn- und Preiskontrollen. Eine weitere Erwartung lautet, allen Arbeitswilligen eine Arbeitsplatzgarantie anzubieten.
- Verwendete Quellen:
- n-tv.de: "Jeder fünfte Ostdeutsche fühlt sich abgehängt"