Effektiv und nachhaltig
Hanf: Der alternative Baustoff aus nachwachsendem Naturmaterial
- Veröffentlicht: 10.03.2023
- 11:18 Uhr
Wer ein Waschbecken montiert oder eine Wasserleitung anschließt, kann mit Hanf-Dichtband oder alternativ mit Teflonband die Gewindeverschraubungen abdichten.
Das Wichtigste in Kürze
Was ist Hanf?
Vorteile und Eigenschaften der Hanfpflanze als Baumaterial
Hanf-Produkte für die Bauindustrie
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten von Hanf in Bauvorhaben
Hanf hat einen hervorragenden ökologischen Fußabdruck
Hanf gilt in der Baubranche als der Baustoff der Zukunft. Er wird überwiegend zur Herstellung von Baumaterial und für Dämmstoffe verwendet. Durch seine hervorragenden Eigenschaften in Bezug auf die Wärmedämmung und das Energiesparpotenzial lohnt es sich, diesen Naturbaustoff auch für kleine Bau- und DIY-Projekte in Haus und Garten einmal genauer anzusehen.
Was ist Hanf
Hanf ist eine vielseitig nutzbare Pflanze, die zu den höchstentwickelten Pflanzenfamilien der Welt gehört. Sie liefert die Basis für die Herstellung von Ölen, Nahrung, Kleidung, Energie, Papier und Baustoffen. Die Hanfpflanze erbringt sehr hohe Erträge und lässt sich auch in deutschen Breitengraden problemlos anbauen. Die Fasern der Hanfpflanze sind dreimal so reißfest wie Baumwollfasern. Da die Pflanze so unkompliziert ist, wird für den Anbau keine Chemie benötigt. Dadurch kann der Hanf problemlos sowohl als Kleidung getragen, oder auch als Baustoff verwendet werden.
Geschichte der industriellen Hanf-Nutzung
Der Hanf ist in erster Linie als Rauschmittel bekannt, denn das in einigen Hanfpflanzen enthaltene THC hat eine berauschende Wirkung. Bereits seit Jahrtausenden wissen Menschen in Asien und Indien, wie sie Hanfpflanzen selbst anbauen können und auch zur Herstellung von Papier, Seilen und Kleidungsstücken verwenden. Allmählich verbreitete sich der Hanf bis nach Europa, wo der Gebrauch als Rauschmittel im Vordergrund stand. Nachdem der Hanfanbau in Deutschland lange Zeit verboten war, ist er seit 1996 wieder erlaubt. THC-arme Sorten werden für die Herstellung von Bau- und Dämmmaterialien, von Kleidung, Ölen oder Medizinprodukten verwendet.
Hanf als Baustoff
Hanf wird bereits seit über 30 Jahren als moderner und ökologischer Baustoff genutzt. Während für die Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Medikamenten hauptsächlich die Samen und die Blätter der Pflanze verarbeitet werden, wird für die Herstellung von Hanf-Baustoffen vorrangig die außen liegende Hanffaser und der holzige Kern aus dem Inneren der Pflanze genutzt. Dieser wird auch als Hanfschäben bezeichnet.
Mittlerweile gilt Hanf als echte Alternative zum Bauen mit Holz. Die Hanfpflanze wächst 50 Mal so schnell wie ein Baum. Bereits nach vier Monaten ist eine Hanfpflanze groß genug, um aus ihr Baumaterial herzustellen. Im Vergleich: Holz braucht dafür eine Zeit von vier Jahren. Auf einem einzigen Hanffeld wächst innerhalb von vier bis fünf Monaten so viel Biomasse, dass daraus ein ganzes Einfamilienhaus gebaut werden kann.
Vorteile und Eigenschaften der Hanfpflanze als Baumaterial
Für die industrielle Nutzung können sämtliche Sorten der Hanfgattung Cannabis sativa verwendet werden. Wer kleinere Bauprojekte wie eine Dämmung mit Hanf umsetzen möchte, profitiert von vielen positiven Eigenschaften.
➜ Reißfest
Die verarbeiteten Hanffasern sind hochgradig reißfest.
➜ Resistent gegen Schädlinge
Hanfpflanzen sind unempfindlich gegenüber einem Schädlingsbefall. Dadurch benötigen sie beim Anbau keine Pestizide, die über das Baumaterial unter Umständen in die Raumluft gelangen können.
➜ Wasserabweisend
Die Hanfpflanze ist hochgradig wasserabweisend. Sie nimmt kaum Feuchtigkeit auf, wodurch die Gefahr der Schimmelbildung erheblich reduziert ist.
➜ Langlebig
Hanf ist als Baustoff ein hochgradig langlebiges Produkt. Sie werden lange Freude an einem Bauprojekt aus Hanf haben. Ohne Bauschäden kann ein Haus aus Hanf ohne Probleme 150 bis 200 Jahre stehen.
➜ Schwer entflammbar
Hanf wird der Brandschutzklasse B1 zugeordnet. Das Material ist nur schwer entflammbar, wodurch hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden können.
➜ Hervorragendes Raumklima
Hanffasern sind diffusionsoffen und erhalten die Raumtemperatur. Dadurch entsteht weniger Energieaufwand für die Klimatisierung der Räume und eine gesunde Atmosphäre. Im Sommer bietet Hanf einen hervorragenden Hitzeschutz. Auch in der Verarbeitung ist Hanf gesundheitlich unbedenklich.
Gebäude aus Hanf sind keine kurzweiligen Objekte mit einer geringen Lebensdauer, sondern sie bieten Menschen oftmals über Generationen hinweg einen gesunden Lebensraum. Muss ein Haus aus Hanf doch irgendwann einmal abgerissen werden, dann können 100 % der Baustoffe wieder zurück in den Werkstoffkreislauf fließen oder einfach wieder auf den Acker kommen.
Diese Produkte werden aus Hanf für die Bauindustrie hergestellt
Hanf wird als Baustoff entweder als Hanf-Lehm-Produkt zur Herstellung von Steinen und Putz oder als Dämmmaterial verwendet. Einen kleinen Einblick in die Vielfalt der Hanfprodukte gibt Ihnen die nachfolgende Übersicht.
Hanf als Dämmmaterial
Die Fasern der Hanfpflanze besitzen sehr feine Fibrillen, welche die Energie aus Wind und Wärme aufnehmen können, statt sie weiterzuleiten. Das macht den Hanf zum perfekten Material für die Wärme- und die Schalldämmung. Es sind im Handel zahlreiche Hanfprodukte erhältlich, die als Dämmmaterial Verwendung finden.
- Dämmmatten aus Hanf
Hanfdämmmatten sind ideal dafür geeignet, sie zur Wärme- und Schalldämmung in Wänden zu verlegen. Die Matten lassen sich sehr gut verarbeiten, indem sie zwischen den Sparren befestigt werden. - Stopfwolle aus Hanf
Auch Stopfwolle wird zu 100 % aus Hanf hergestellt. Sie ist auch für Laien sehr einfach zu verarbeiten, da weder ein Zuschnitt noch eine Vereinzelung der Fasern erforderlich ist. - Hanfvlies zur Trittschalldämmung
Hanfvlies wird unter schwimmende Holzböden als Trittschalldämmung verlegt. Sie müssen mechanisch angebracht werden. - Hanf als Dichtungsband
Ein Dichtungsband aus Hanf ist ideal, um kleine Zwischenräume beispielsweise zwischen Fenstern, Türen oder Fugen im Mauerwerk zu verschließen.
Hanf als massives Baumaterial
Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass Hanf auch als massives Baumaterial verwendet werden kann. Im Jahr 2020 wurde das erste Fertighaus in Deutschland aus Hanf gebaut. Hanf-Häuser stehen mittlerweile auch schon in Großbritannien, in Italien, Frankreich, Belgien und den USA. Ein Wermutstropfen ist der relativ hohe Aufwand, der für die Herstellung von Hanfbeton erforderlich ist.
Was ist Hanfbeton?
Hanfbeton ist keine wirklich neue Erfindung, sondern bereits seit den 1980er Jahren bekannt. Er hat die gleiche Festigkeit wie herkömmlicher Beton, benötigt dafür aber weder Beton noch Zement. Für die Herstellung werden die Fasern der Hanfpflanze mit Kalk vermischt und anschließend getrocknet. Es entsteht ein hochgradig ökologischer Baustoff mit hervorragenden Dämmeigenschaften, der ein atmungsaktives Raumklima erzeugt.
Hanf kann auch in Kombination mit Lehm verarbeitet werden. Hanf-Lehm-Produkte sind diffusionsoffen und langlebig und lassen sich zu zahlreichen Produkten verarbeiten. Aus dieser Kombination lässt sich zum Beispiel Hanf-Lehm Dämmputz herstellen, der ideal für die Wärme- und Schalldämmung von Innenwänden ist. Hanf-Lehm-Steine sind bestens geeignet für die Gestaltung von Außenwänden und Zwischenwänden mit hervorragenden Isoliereigenschaften.
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten von Hanf in Bauvorhaben
Dämmstoffe oder massive Baustoffe aus Hanf haben zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Sie können damit Trenn- und Akustikwände einziehen oder Außenwände gestalten. Auch eine Dämmung von Wänden und Böden ist mit Hanfprodukten möglich.
Wichtiger Hinweis
Hanfsteine sind nicht tragfähig, sondern sie dienen allein der optischen Gestaltung bzw. der Verbesserung der energetischen Eigenschaften eines Gebäudes. Die Statik muss über klassische Stoffe wie Holz oder Beton gewährleistet werden. Hanfsteine werden als nichttragendes Ausfachungsmauerwerk verarbeitet.
Hanf hat einen hervorragenden ökologischen Fußabdruck
Häuser, die aus Hanfbeton gebaut werden, haben sogar einen negativen CO²-Abdruck. Während der Wachstumsphase nimmt eine einzige Hanfpflanze im Durchschnitt mehr als 13.000 Kilogramm CO² auf. Zudem ist Hanf auch noch zu 100 % recycelbar. Ganze 97 % einer Hanfpflanze können industriell verarbeitet werden. Zudem wächst die Pflanze sehr schnell – ganze 4 Meter in 100 Tagen. Sie ist nicht zum Nestbau von Tieren geeignet, sodass durch die Hanfernte auch keinem Tier das Baumaterial weggenommen wird. Damit erreicht der Baustoff Bestnoten in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Ebenfalls bei Hanf-Abfallprodukten sowie bei der Entsorgung von Sondermüll allgemein kann viel für die Natur getan werden.