Kurz vor Sommerpause
EU-Streit droht: Ungarn und Polen blockieren Asylrechtsreform
- Veröffentlicht: 30.06.2023
- 10:33 Uhr
- Lena Glöckner
Der erste Tag des EU-Gipfels endete ohne Erfolg - Polen und Ungarn verhinderten mit einer Blockade eine gemeinsame Position zur Migrationspolitik. Jetzt wird der Gipfel fortgesetzt - Streit vorprogrammiert.
Der letzte reguläre EU-Gipfel vor der Sommerpause droht von neuem Streit über die Asylpolitik überschattet zu werden. Kurz vor der zweitägigen Zusammenkunft am Donnerstag (29. Juni) und Freitag (30. Juni) in Brüssel bekräftigte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, dass sein Land sich an der geplanten Verteilung von Flüchtlingen in der EU nicht beteiligen und auch keine Ausgleichszahlungen leisten werde. Ähnlich hatte sich zuvor bereits die polnische Regierung geäußert.
Und tatsächlich verhinderten Polen und Ungarn mit einer Blockade eine gemeinsame Position der 27 Staats- und Regierungschefs zur Migrationspolitik, wie Diplomaten am frühen Freitagmorgen bestätigten. Am Donnerstagabend hatte Polen beim Gipfel eine Überarbeitung der Pläne für eine Asylreform gefordert. Das Land verlangte, eine Entscheidung der EU-Innenminister:innen von Anfang Juni rückgängig zu machen. Diese sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen.
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Polen forderte nun, dass jedes EU-Land selbst darüber entscheiden sollte, wie es Länder mit besonders hohen Migrationszahlen unterstützt. Die Aufnahme von Schutzsuchenden sollte freiwillig sein, heißt es in einem Textvorschlag für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels, der der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorlag.
Blockieren Polen und Ungarn auch andere Entscheidungen?
Beide Länder stellen sich damit gegen die Pläne für eine weitreichende Reform des europäischen Asylsystems, die vor knapp drei Wochen per Mehrheitsentscheidung bei einem EU-Innenministertreffen auf den Weg gebracht worden war. Neben einer Pflicht zur Solidarität in Notsituationen sehen sie zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen der aktuellen Regeln vor, um illegale Migration zu begrenzen.
Vorgesehen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Sie sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Über die Pläne sollen in Kürze Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen. Als Risiko gilt nun allerdings, dass Ungarn und Polen aus Protest gegen die Mehrheitsentscheidung der Innenminister:innen andere Entscheidungen oder Erklärungen blockieren, bei denen einstimmige Beschlüsse erforderlich sind. Bei EU-Gipfeln zum Beispiel ist Einstimmigkeit immer erforderlich.
Orban warb zuletzt in einem Interview von "Bild", "Welt" und "Politico" dafür, dass Flüchtlinge außerhalb des EU-Gebiets auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten sollen. "Leider sind wir Europäer nicht in der Lage, das zu regeln", sagte der konservative Politiker.
- Verwendete Quellen;
- Nachrichtenagentur dpa