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Streit um Krieg in der Ukraine

Gipfeltreffen in Brüssel: Russlands Verbündete sorgen für Eklat

  • Veröffentlicht: 18.07.2023
  • 21:39 Uhr
  • Nelly Grassinger

Bei einem interkontinentalen Gipfel in Brüssel blockieren Verbündete Russlands eine klare Verurteilung des Angriffskriegs in der Ukraine.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Treffen der EU mit lateinamerikanischen und karibischen Staaten wurde von einem Streit über den Krieg in der Ukraine überschattet.

  • Verbündete Russlands setzten durch, dass keine explizite Verurteilung des Krieges erwähnt werde.

  • Bundeskanzler Olaf Scholz sprach trotzdem von einem erfolgreichen Gipfeltreffen.

Es war das erste große Gipfeltreffen der EU mit lateinamerikanischen und karibischen Staaten in acht Jahren. Die Zusammenkunft wurde jedoch von einem Streit über eine Erklärung zum Ukraine-Krieg überschattet.

Mit Russland verbündete Länder wie Nicaragua, Venezuela und Kuba setzten bei der zweitägigen Zusammenkunft in Brüssel durch, dass der Text keine explizite Verurteilung des Krieges enthält und Russland nicht einmal erwähnt wird. Nicaragua wollte am Ende nicht einmal einen Minimalkompromiss mittragen. Grund war nach Angaben von Diplomaten, dass dort von einem "Krieg gegen die Ukraine" und der "Notwendigkeit eines gerechten und nachhaltigen Friedens" die Rede ist.

Scholz: Treffen trotz Differenzen erfolgreich

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach trotzdem von einem Erfolg und einem "großen Fortschritt", weil anerkannt worden sei, dass es sich um einen Angriffskrieg handele. Nur ein Land habe beim Gipfel eine andere Position eingenommen. "Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass insgesamt eine solche Verständigung hier gelungen ist."

Scholz vertrat nach dem Gipfel die Auffassung, dass die imperialen Motive Russlands international immer stärker erkannt würden. "Mein Eindruck ist, das verschiebt sich gerade weltweit", sagte er.

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Ziel des Gipfeltreffens nicht erreicht

Ziel der EU war es, mit der Gipfelerklärung eine klare Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu senden. Diesem soll deutlich gemacht werden, dass er in der Weltgemeinschaft zunehmend isoliert ist und bei einer Fortsetzung des Angriffskriegs weitere wirtschaftliche Nachteile fürchten muss. Die Hoffnung war, dass mächtige lateinamerikanische Länder wie Brasilien bei dem Spitzentreffen auf kleinere Staaten einwirken, um diese zu einer Verurteilung des russischen Angriffskrieges zu bewegen.

Am Ende brachten die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die 33 Länder der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) lediglich ihre "tiefe Besorgnis über den anhaltenden Krieg gegen die Ukraine" zum Ausdruck, der immenses menschliches Leid verursache und bestehende Verwundbarkeiten der Weltwirtschaft verstärke. Russland als Aggressor wird in dem Dokument aber nicht genannt.

Venezuela, Kuba und Nicaragua hinter Putin

An dem Gipfel in Brüssel nahmen unter anderen die Präsidenten der lateinamerikanischen G20-Staaten Brasilien und Argentinien, Luiz Inácio Lula da Silva und Alberto Fernández teil. Nicaraguas Präsident Daniel Ortega und Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro ließen sich dagegen vertreten. Beide hatten sich zuletzt nach dem Aufstand der russischen Privatarmee Wagner noch einmal klar hinter Putin gestellt - gemeinsam mit dem kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel.

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"Wir senden unsere Umarmung der Solidarität und der Unterstützung an den Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, dem es gelungen ist, einen Versuch des Verrats und des Bürgerkriegs zu bewältigen und seinem Volk den Sieg und den Frieden zu garantieren", twitterte Maduro im Juni. In einer offiziellen Mitteilung aus dem mittelamerikanischen Nicaragua hieß es, Präsident Ortega und seine Ehefrau sowie Vizepräsidentin Rosario Murillo übermittelten Putin "unsere Zuneigung in revolutionärer Bruderschaft".

Ob die Verbündeten von Russland für ihre Standhaftigkeit in Brüssel eine Belohnung aus Moskau erwarten können, blieb zunächst unklar. In der Vergangenheit hatte es für die drei Länder wiederholt Hilfsangebote aus Moskau gegeben - zum Teil auch im militärischen Bereich. Venezuela erhielt auch Waffen.

Zusammenarbeit der EU mit lateinamerikanischen und karibischen Staaten

In den Hintergrund rückte durch den Streit um die Ukraine-Erklärung, dass die EU und die lateinamerikanischen und karibischen Staaten grundsätzlich vereinbarten, ihre Zusammenarbeit weiter auszubauen. So soll zum Beispiel gemeinsam der Kampf gegen den Klimawandel und dessen negative Folgen vorangetrieben werden.

EU-Ratspräsident Charles Michel sprach bei der Abschlusspressekonferenz von einem "neuen, optimistischen und positiven Kapitel" in den Beziehungen und kündigte an, dass es nun alle zwei Jahre Spitzentreffen geben solle.

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Kritik an Freihandelszone mit Mercosur-Staaten

Die Hoffnung ist auch, dass bis dahin die Bemühungen um den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EU und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur abgeschlossen werden können. Der brasilianische Präsident Lula, die aktuelle spanische EU-Ratspräsidentschaft und andere Teilnehmer äußerten die Absicht, bis Ende des Jahres zu einer Einigung zu kommen - auch wenn es keine konkreten Fortschritte gab.

Über den Aufbau einer riesigen Freihandelszone zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay war im Sommer 2019 nach jahrelangen Verhandlungen eine politische Grundsatzeinigung erzielt worden. Der Deal wird allerdings nun von mehreren EU-Staaten wie etwa Frankreich oder Österreich wieder infrage gestellt. Kritiker befürchten, dass europäische Landwirte künftig in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen werden und gleichzeitig die Regenwaldzerstörung in Südamerika befeuert wird.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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