Vorwürfe an Opposition
In unangekündigter TV-Ansprache: Präsident Yoon verhängt Kriegsrecht in Südkorea
- Veröffentlicht: 03.12.2024
- 15:58 Uhr
- Christopher Schmitt
Der Opposition warf er Sympathien zu Nordkorea sowie staatsfeindliche Aktionen vor: Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol hat nun in einer live übertragenen Fernseh-Ansprache das Kriegsrecht verhängt.
In einer unangekündigten TV-Ansprache hat der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol das Kriegsrecht verhängt. Er habe die Entscheidung getroffen, "um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen", erklärte Yoon live im südkoreanischen Fernsehen. An die Opposition richtete er den Vorwurf, mit Nordkorea zu sympathisieren sowie durch staatsfeindlichen Aktionen die Regierung zu lähmen.
Er habe keine andere Wahl, als zu einer solchen Maßnahme zu greifen, sagte Yoon. Sie dienten dem Schutz der freien und verfassungsmäßigen Ordnung. Die Oppositionsparteien hätten den parlamentarischen Prozess als Geisel genommen, um das Land in eine Krise zu stürzen. Der südkoreanische Präsident kündigte an, "pro-nordkoreanische Kräfte auszulöschen".
Wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, ist der Zugang zum Parlament, der Nationalversammlung in Seoul derzeit blockiert. Zudem seien alle politischen Aktivitäten, einschließlich Protesten sowie Parteiaktionen verboten. Das Kriegsrecht schränkt auch die Tätigkeit von Medien und Verlagen ein. Einzelheiten zu den von Yoon erhobenen Vorwürfen waren zunächst nicht bekannt.
Parlamentspräsident: Militär soll Ruhe bewahren
Parlamentspräsident Woo Won Shik forderte Militär und Polizei dazu auf, Ruhe zu bewahren. Alle Mitglieder der Nationalversammlung sollten sich in der Plenarhalle des Parlamentsgebäudes einfinden.
Die Opposition hat die Maßnahmen scharf kritisiert. Oppositionsführer Lee Jae Myung bezeichnete das ausgerufene Kriegsrecht laut einem Yonhap-Bericht als "verfassungswidrig" und unbegründet. Panzer und Soldaten mit Gewehren würden bald das Land kontrollieren, sagte Lee laut Yonhap weiter.
Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als "falsch". Man werde es "gemeinsam mit dem Volk stoppen", sagte Han.
Yoons Umfragewerte sinken
In den vergangenen Monaten sind die Umfragewerte des südkoreanischen Präsidenten gesunken. Yoon tut sich schwer, seine Vorstellungen gegen ein von der Opposition kontrolliertes Parlament durchzusetzen. Seine konservative People Power Party tut sich schwer, sich mit der liberalen, oppositionellen Demokratischen Partei auf einen Haushaltsentwurf für 2025 zu einigen.
Des Weiteren wurden Forderungen nach unabhängigen Untersuchungen der Skandale um seine Frau und hochrangige Beamte laut. Yoon wies die Vorwürfe zurück, die politische Konkurrenz reagierte empört.
Seit Monaten haben sich zudem die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel erhöht. Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. Zudem schickte Nordkorea tausende Soldaten nach Russland, wo diese bei der Rückeroberung der Region Kursk im Einsatz sind.
Es bleibt abzuwarten, wie sich Yoon Suk Yeols Notstandsgesetz auf die Regierungsaktivitäten und demokratischen Prozesse Südkoreas auswirken wird. Die Demokratische Partei hat bereits angekündigt, eine Krisensitzung ihrer Abgeordneten einzuberufen.
- Mit Informationen der Nachrichtenagenturen AP und dpa