Streit eskaliert
Nach Getreide-Stopp: Eskaliert der Streit zwischen Erdogan und Putin?
- Veröffentlicht: 18.07.2023
- 13:05 Uhr
- Stefan Kendzia
Bisher war die Türkei Garant dafür, mit Putin reden zu können. Erdogan war zusammen mit den Vereinten Nationen maßgeblich am Getreideabkommen beteiligt und konnte immer wieder vermitteln. Jetzt scheinen die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau auf dem Siedepunkt angelangt zu sein.
Das Wichtigste in Kürze
Die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau scheinen auf dem Siedepunkt angelangt zu sein.
Spätestens seit sich Ankara gegen Moskau gestellt hat, läuft die russische Propaganda gegen die Türkei heiß.
Kriegs- und TV-Hetzer Solowjow mahnt, Russland solle sich auf einen möglichen Angriff seitens der Türkei vorbereiten.
Eben noch hatten die Türkei und Russland ein relativ freundschaftliches Verhältnis. Es schien, als ob der russische Diktator Putin auf den türkischen Präsidenten Erdogan höre - zumindest war das beim Thema Getreideabkommen bisher der Fall. Jetzt, so "Bild", erklärte der Kreml das Abkommen für "de facto beendet" - allen Appellen Erdogans zum Trotz.
Im Video: Russland droht mit Aus für Getreide-Abkommen - was das bedeuten könnte
Russland droht mit Aus für Getreide-Abkommen: Was das bedeuten könnte
Die Türkei hat sich mit mehreren Aktionen gegen den Kreml gestellt
Von der angeblichen Freundschaft ist nicht viel übrig geblieben: Spätestens seit sich Ankara gegen Moskau gestellt hat, läuft die russische Propaganda gegen die Türkei heiß. Noch vor wenigen Tagen hat Erdogan seine Zustimmung zum Beitritt Schwedens zur NATO gegeben. Dann hat der türkische Präsident ukrainische Offiziere freigelassen, die eigentlich bis zum Ende des Ukraine-Kriegs in der Türkei bleiben sollten. Zu guter Letzt soll die Türkei der Ukraine auch noch 70 Panzerhaubitzen versprochen haben. Zu viel nach Putins Geschmack. Die Russen fühlen sich brüskiert, sollen toben und sehen im Verhalten der Türkei einen gewaltigen Vertrauensbruch. Ein Senator forderte gar, die Türkei als "unfreundlichen Staat" zu deklarieren - somit wäre das Land auf einer Ebene mit den USA und sogar der Ukraine.
Wir haben mit niemandem so oft und so blutig Krieg geführt wie mit der Türkei. Und das sollten wir nicht vergessen.
Wladimir Solowjow, russischer Fernseh- und Radiomoderator und führender Exponent der Staatspropaganda <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Propaganda_in_der_Russischen_F%C3%B6deration">russischen Staatspropaganda</a>
Zu alldem meldet sich jetzt auch noch eine lautstarke, polternde Propaganda zu Wort. Putins wichtigster TV-Kriegshetzer Wladimir Solowjow fordert sogar zu einer Konfrontation mit der Türkei auf: "Wir müssen uns immer daran erinnern: Erdogan vertritt einen konkreten Staat. Nicht die USA, nicht Russland, nicht Deutschland. Es ist der türkische Staat. Für ihn kommt die Türkei zuerst." Eigentlich nichts, was gegen die Türkei sprechen würde. Weiter führte Solowjow aus: "Die Türkei ist ein imperialer Staat mit einer imperialen Geschichte. Das Osmanische Reich hatte eine sehr komplizierte Geschichte mit dem Russischen Reich. Wir haben mit niemandem so oft und so blutig Krieg geführt wie mit der Türkei. Und das sollten wir nicht vergessen." Man könnte diese Worte aus Ansporn verstehen, die alten Feindschaften zur Türkei wieder aufleben zu lassen.
Russland soll sich auf möglichen Angriff seitens der Türkei vorbereiten
Noch einen Schritt weiter soll dabei der russische Duma-Abgeordnete Semjon Bagdasarow gegangen sein: "Sie (die Türkei) wollen die entstandene Situation nutzen, um Gebiete zurückzuholen, von denen sie glauben, dass sie ihnen gehörten. Das ist nicht nur der Süd-Kaukasus, sondern auch unser Nord-Kaukasus, die Schwarzmeer-Küste und die Krim. All das wird dort ernsthaft diskutiert." Solowjow fordert gar, sich auf einen möglichen Angriff vorzubereiten: "Wir müssen einfach auf die Karte schauen und sehen, wie viele Jahrhunderte das Osmanische Reich so war – und das begreifen." Es wird alles unternommen, um eine Kriegsszenerie mit der Türkei aufzubauen und zu hetzen.
Letztendlich werden unter diesen Konflikten diejenigen leiden, die sowieso schon abseitsstehen. Denn nutzt Russland nun diesen Zwist, Macht zu zeigen in Sachen Getreide und sich nicht mehr von der Türkei "beraten" lassen, werden die ärmsten der Armen vor qualvollen Zeiten stehen.
- Verwendete Quellen: