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Bei Verlesen von Briefen

Neuschwanstein-Prozess: Am zweiten Tag zeigt Troy B. erstmals eine Spur Bedauern

  • Veröffentlicht: 26.02.2024
  • 17:25 Uhr
  • Lena Glöckner
Der 31-Jährige muss sich wegen Mordes und Vergewaltigung mit Todesfolge sowie versuchten Mordes vor dem Landgericht Kempten verantworten.
Der 31-Jährige muss sich wegen Mordes und Vergewaltigung mit Todesfolge sowie versuchten Mordes vor dem Landgericht Kempten verantworten.© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Bei Schloss Neuschwanstein überfällt ein US-Tourist zwei junge Frauen, stößt sie in alpinem Gelände eine Böschung hinab - vergeht sich aber zuvor noch an einer der beiden. Sie stirbt. Bisher verfolgte der Angeklagte den Prozess regungslos - nun flossen erstmals Tränen. :newstime berichtet aus dem Gerichtssaal.

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Für die beiden US-amerikanischen Touristinnen Kelsey C. und Eva L. sollte der Trip zum Märchenschloss Neuschwanstein im Juni 2023 der krönende Abschluss ihrer mehrwöchigen Europa-Reise werden - es wurde ein Horror-Trip. Auf einem Wanderweg in der Nähe des weltberühmten "Cinderella Castle" wurden sie von dem ihnen unbekannten, ebenfalls aus den USA stammenden, Troy B. aus sexuellen Motiven überfallen und eine fast 50 Meter tiefe Schlucht hinabgestürzt. Die 21-jährige Eva L. starb, ihre ein Jahr ältere Freundin überlebte verletzt.

Der zweite Prozesstag startete am Montag (26. Februar) mit der Vernehmung des Ermittlungsrichters. Dieser sagte aus, der Angeklagte habe ihm gegenüber zunächst verlauten lassen, er sei von den beiden jungen Frauen angegriffen worden. Sie hätten ihn den Abhang herunterstoßen wollen, zitierte der Ermittlungsrichter Troy B., der den Ausführungen regungslos und auf den Boden starrend folgte. Die 21-Jährige sei plötzlich ohnmächtig geworden, habe B. damals im Juni ausgesagt. Er habe sich das mit den Anstrengungen des Kampfes erklärt. Inzwischen hat Troy B. die "unfassbare" Tat gestanden.

Bei Brief der Schwester weint Troy B.

Im späteren Verlauf der Sitzung widersprach die Überlebende selbst B.s Ausführungen über den Tatablauf - zwar durch Aufzeichnungen der Vernehmung kurz nach der Tat, doch in Kelsey C.s Stimme war Vehemenz zu spüren, als sie "Nein" auf die Anschuldigungen ihres Landsmanns antwortete. Generell: die Überlebende wirkte gefasst in dem Video, das im Gerichtssaal abgespielt wurde. Während sie geduldig den Tatablauf beschrieb, schien die junge Frau ruhig und beherrscht - aber sehr traurig.

Ein Gemütszustand, den man bis zum heutigen Prozesstag am Angeklagten nicht ablesen konnte. Die erste Regung zeigte der schüchterne US-Amerikaner erst, als ein Dolmetscher Briefe der Zwillingsschwester der Verstorbenen und ihrer Eltern vorlas. Sie habe "noch nie einen solchen Schmerz erlebt", wird die Zwillingsschwester aus ihrem Brief zitiert. Sie träume häufig von Eva und jedes Mal ende der Traum damit, dass jemand sie an ihren Tod erinnert. "Dann weine ich, lege Eiswürfel auf meine Augen und versuche, wie eine normale Studentin zur Uni zu gehen", wurde die Schwester der Toten zitiert. Der Angeklagte, der den Brief vor sich liegen hatte, weinte merklich - rieb sich die Augen und ließ sich von seinem Verteidiger ein Taschentusch reichen.

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Überlebende schildert Minuten nach der Tat

Merkmale des Bedauerns, die er nicht etwa bereits während der Ausführungen eines IT-Sachverständigen zeigte, als dieser beschrieb, wie perfide B. kinder- und jugendpornografisches Material in Mengen auf seinem Handy versteckt hatte - darunter Aufnahmen seiner eigenen Schwester. Der Angeklagte hatte sie in einem Zeitraum von sechs Jahren angefertigt - bei den ersten Fotos war die Schwester keine 14 Jahre alt.

Die Anhörung endete am Montag mit dem Video der Vernehmung von Kelsey C. Die 22-Jährige schilderte darin, wie sie sich in Todesangst vor B. versteckte, nachdem er sie die Böschung hinabgestoßen hatte. Außerdem beschrieb sie die bangen Minuten, in denen sie versuchte, ihrer Freundin zu helfen, nachdem diese ebenfalls an einem Baumstamm zu liegen gekommen war. "Sie hat noch gelebt, aber ihre Atmung war sehr komisch", so C. "Die Hose hat gefehlt, das T-Shirt war nach oben geschoben."

Eva L. ist laut der obduzierenden Rechtsmedizinerin im Übrigen "ganz sicher" durch Gewalteinwirkung gegen ihren Hals gestorben - und nicht durch den Sturz. Ihr Gehirn wies massive Schwellungen auf. Troy B. hatte sie erdrosselt. Der Prozess wird am Mittwoch mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt. Kommenden Montag folgen wohl die Plädoyers.

  • Verwendete Quellen:
  • :newstime Reporterin  vor Ort
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