Besuch in Kasachstan
Putins geopolitische Macht: Ausbau der multipolaren Weltordnung
- Veröffentlicht: 28.11.2024
- 01:34 Uhr
- Oliwia Kowalak
Präsident Putin möchte seine Beziehung zu Kasachstan stärken. Die Rolle des zentralasiatischen Landes ist sowohl für Europa als auch für Russland von Bedeutung. Für den russischen Machthaber ist die Intensivierung der Partnerschaft ein wichtiger Schritt in Richtung multipolare Weltordnung.
Das Wichtigste in Kürze
Präsident Russlands Wladimir Putin besuchte Kasachstan, um die Partnerschaft, besonders im Energiesektor, auszubauen.
In einem Artikel teilte der Kreml-Boss mit, dass die Bedeutung Kasachstans für die Umsetzung der multipolaren Weltordnung wichtig sei.
Das zentralasiatische Land Kasachstan befindet sich in einem Balanceakt zwischen dem Westen und dem Osten.
Wladimir Putin will seine geopolitische Macht weiter ausbauen. Die Reise in den zentralasiatischen Staat Kasachstan ist für den russischen Präsidenten von strategischer Bedeutung. Am Mittwoch (27.11.) traf sich der Kreml-Boss in der kasachischen Hausstadt Astana mit Präsident Kassym-Schomart Tokajew.
Wie die Deutsche Presse-Agentur mitteilt, sollten laut Angaben Tokajews etwa 20 Abkommen unterzeichnet werden. Beide Seiten betonten, dass sie die enge Freundschaft und strategische Beziehungen weiter pflegen möchten. "Wir sehen Kasachstan als unseren treuen Freund, zuverlässigen Freund und engen Bündnispartner", sagte Putin beim Treffen.
Im Video: Kasachstans Präsident zu Scholz: Russland ist unbesiegbar
Tokajew teilte mit, dass in den Bereichen Handel und Wirtschaft, Verkehr und Logistik, Energie, Wissenschaft und Technik enger zusammengearbeitet wird. Für Putin zielte der Besuch darauf ab, die Verbindungen zu den früheren Sowjetrepubliken wieder enger zu knüpfen – der Besuch galt aber vor allem den Beziehungen im Energiebereich.
"Unsere Länder arbeiten ... konstruktiv im Öl- und Gassektor zusammen", schrieb der russische Präsident für die Zeitung Kazakhstanskaya Pravda. "Russland - Kasachstan: eine vom Leben geforderte und in die Zukunft gerichtete Union". Laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters teilte er dies mit, nachdem der kasachische Energieminister erklärt hatte, dass sich Rohölexporte aus dem türkischen Hafen Ceyhan stark erhöht werden – was zu einem Verringern der Anteile über Russland führen würde.
Kasachstan: Zwischen Westen und Osten
Die Bedeutung der fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan wächst angesichts der von Putin angetrieben neuen Weltordnung, die mit dem Bündnis der BRICS-Staaten etabliert werden soll. Die zentralasiatischen Staaten spielen eine essenzielle geopolitische Rolle zwischen der westlichen und östlichen Hemisphäre.
Für Europa ist die Beziehung der zentralasiatischen Länder angesichts ihrer Rohstoffvorkommen von wachsender Bedeutung. Seit dem Ukraine-Krieg haben sich durch die westlichen Sektionen besonders für Deutschland starke Umstrukturierungen im Energiesektor ergeben. Die EU gilt laut eigenen Angaben als wichtigster Handelspartner Kasachstans und größter ausländischer Investor – genauso wie Kasachstan in Zentralasien der bedeutendste Handelspartner der EU ist.
Kasachstans Abhängigkeit von Russland
Auf der anderen Seite ist Kasachstan auch enger Partner und Verbündeter Russlands. Die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit ist weiterhin dominant. Kasachstan ist in einigen Schlüsselbereichen Analysen zufolge stark von der Russischen Föderation abhängig. Demnach ist die Stromversorgung im Land auf das mit Russland geteilte Stromnetz angewiesen. Dies ist ein wichtiges Druckmittel für Moskau, da der gesamte westliche Teil des Landes ein Blackout davontragen könnte.
Zudem spielen Gasimporte aus Russland trotz eigener Gasvorkommen eine bedeutende Rolle, da das Land den eigenen hohen Bedarf und Exportverpflichtungen gegenüber China erfüllen muss. Die 1.500 Kilometer lange CPC-Pipeline, die Öl von den kasachischen Ölfeldern nach Noworossijsk pumpt, exportiert 80 Prozent des kasachischen Rohöls und ist für die kasachische Wirtschaft entscheidend. Weil die Pipeline durch Russland läuft, ist auch dies ein enormes Druckmittel Putins.
Die Präsenz von russischen Unternehmen im Land ist seit Ausbruch des Krieges außerdem stark angestiegen. Seit 2022 hat sich die Anzahl verdreifacht und lag im April bei 23.321. So sollen 41 Prozent aller Unternehmen in ausländischem Besitz in russischem Besitz sein.
Seit dem Ukraine-Krieg sind Hundetausende, Russinnen und Russen aus ihrer Heimat nach Zentralasien geflohen. 15 Prozent der 20 Millionen Einwohnern des Landes sind ethnische Russen. Bei dem jüngsten Treffen vereinbarten Putin und Tokajew drei weitere russische Schulen in Kasachstan zu eröffnen.
Multipolare Weltordnung: Russland und Kasachstan an "vorderster Front"
Vor dem Hintergrund des achtzigjährigen Jubiläums des Sieges im "Großen Vaterländischen Krieg" – dem Kampf gegen Nazi-Deutschland – im kommenden Jahr schrieb Putin weiter: "Sowohl Russland als auch Kasachstan erinnern sich an die Leistung ihrer Väter und Großväter, die Schulter an Schulter gegen den Nationalsozialismus kämpften, und ehren sie heilig. Und wir müssen sicherlich alles tun, damit sich zukünftige Generationen an den Preis erinnern, zu dem wir Frieden und Freiheit verteidigen konnten".
Für den Kreml-Chef sei dies mit Blick auf die aktuelle Lage und der Entstehung einer gerechteren multipolaren Weltordnung wichtig. "Russland und Kasachstan stehen an vorderster Front dieser Prozesse und vertreten ähnliche Positionen hinsichtlich der Schlüsselrolle des Völkerrechts in zwischenstaatlichen Beziehungen und der Notwendigkeit, die Interessen aller Länder in Fragen der globalen Sicherheit, Stabilität und nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen", so der russische Machthaber.
Im Oktober spannte sich das Verhältnis zwischen Russland und dem zentralasiatischen Land an, weil Astana den Beitritt in das BRICS-Bündnis ablehnte und nur Partnerstaat wurde. Daraufhin verhängte der Kreml ein Verbot der Einfuhren von Getreide, Obst und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Kasachstan.
Kasachstan zeigte bisher eine neutrale Beziehung zum russischen Angriffskrieg und unterhält weiterhin gute Beziehungen zur Ukraine. Toqajew weigerte sich, die Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk anzuerkennen und sprach sich für die territoriale Integrität der Ukraine aus.
Für Russland sind die Reisemöglichkeiten seit dem Haftbefehl des Internationale Strafgerichtshof von Den Haag eingeschränkt. Die Sanktionen des Westens haben Moskau zu einer Neuausrichtung von bilateralen und Handelspartnerschaften gezwungen. Putin lässt sich von der westlichen Hemisphäre nicht einschüchtern – im Gegenteil. Analysten zufolge sind die Besuche eine Demonstration des Kreml-Bosses, dass die westlichen Isolationsversuche nach dem Ukraine-Krieg gescheitert seien. Für Putin wäre eine engere Bindung zu Kasachstan in seiner Außenwirkung ein Erfolg.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- merkur.de: "Putins neuer Pakt für Russland: Artikel enthüllt Russlands Vorhaben"