Kritik an Regierung
Ritter-Sport-Chef steht zu weiteren Lieferungen nach Russland
- Aktualisiert: 03.06.2024
- 12:16 Uhr
- Olivia Kowalak
Das Familienunternehmen Ritter Sport hat trotz Ukraine-Krieg weiter an Russland geliefert. Chef Andreas Ronken hält die Entscheidung weiterhin für richtig - und wünscht sich von der Regierung mehr Reformwillen.
Das Wichtigste in Kürze
Nachdem der russische Angriffskrieg begonnen hat, entschied sich der Hersteller Ritter Sport, Russland weiterhin mit Schokolade zu beliefern.
CEO Andreas Ronken hat in einem Interview preisgegeben, dass er diese Entscheidung weiterhin für richtig halte.
Mit dem Kurs der Ampel-Regierung geht Ronken in die Kritik.
Viele Unternehmen haben ihre Geschäfte wegen des Ukraine-Krieges aus Russland abgezogen. Traditionsunternehmen und Hersteller der beliebten Marke Ritter Sport, hat sich allerdings zu Beginn des Krieges dafür entschieden, weiterhin nach Russland zu liefern.
Ritter-Sport-CEO Andreas Ronken hat nun gegenüber dem "Focus" mitgeteilt, weiter hinter seiner Entscheidung zu stehen - trotz erhaltener Morddrohungen. "Unsere Entscheidung war richtig, und ich würde sie wieder genauso treffen", sagte Ronken. "Wir haben die Aufmerksamkeit genutzt, darauf hinzuweisen, dass auch russische Kinder gern Schokolade essen“, hieß es seitens des Schokoladen-Chefs.
Doch die Entscheidung fiel Ronken nicht leicht: "Dieser Fall zeigt das Dilemma zwischen Haltung und Verantwortung. Russland ist unser zweitgrößter Markt", beschreibt er die Zwickmühle. "Wenn wir da rausgegangen wären, hätten wir 200 Leute am Standort Waldenbuch freistellen müssen“. Der Krieg werde "nicht über Nahrungsmittelrestriktionen gewonnen". Das Unternehmen spendet die Gewinne aus den Russlandverkäufen seit dem Angriff auf die Ukraine an die Ukraine-Hilfe. Demnach habe man 2023 knapp eine Million Euro abgeben können.
Im Video: Wegen Verletzungsgefahr: Ritter Sport ruft Schokolade zurück
Wegen Verletzungsgefahr: Ritter Sport ruft Schokolade zurück
Der Schokoladenhersteller aus Waldenbuch in Baden-Württemberg ist für diese Entscheidung in die Kritik geraten. Ritter Sport hatte den Schritt unter anderem mit Auswirkungen für die Produktion begründet, wovon letztlich auch die Kakaobauern in Westafrika, Mittel- und Südamerika betroffen wären. Das Unternehmen stellte Investitionen in den russischen Markt ein. Außerdem wurde beschlossen, Werbung zu stoppen und den Gewinn aus Russland an humanitäre Hilfsorganisationen zu spenden.
"Riesenreformstau": Ronken appelliert an Ampel
Zunehmend sieht Ronken als Teil des deutschen Mittelstandes Unternehmen in einer geopolitischen Verantwortung: "Wir können uns als Mittelständler definitiv nicht mehr unpolitisch aus allem raushalten. Das gleiche Thema haben wir vielleicht bald mit China“. Nur "Länder beliefern, die sich zu hundert Prozent unserer Moral entsprechend verhalten“, dagegen spricht sich Ronken aus.
Die deutsche Wirtschaft ist stark abhängig von der asiatischen Supermacht China. In einigen Branchen wie beispielsweise der Chemie- und Elektronikindustrie ist die Produktbeschaffung bei alternativen Anbietern schwierig. Darüber hinaus lohnt es sich wegen chinesischen Preisdumpings erst gar nicht, Rohstoffe wie Gallium, Germanium und Indium für Solarzellen in anderen Ländern abzubauen. Die Ampelkoalition arbeitet im Rahmen der EU-Chinapolitik daran, diese Abhängigkeiten zu verringern.
Auch der Ritter-Sport-CEO wünscht sich von der deutschen Politik mehr Initiative - ganz nach dem Motto "weniger schnacken, einfach machen". Er kritisiert den fehlenden Reformwillen auf fast allen politisch und gesellschaftlich wichtigen Feldern, sei es im Bereich Bildung, Fachkräftemangel oder Bürokratieabbau: "Für die Energiewende sind wir zu blöd. Digitalisierung bekommen wir auch nicht hin. Wir brauchen offensichtlich erst einen Wohlstandsverlust, bevor wir diesen Riesenreformstau angehen".
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Tagesschau.de: "Deutschland in der China-Falle"