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KOLUMNE

Trumps Kampf gegen die Justiz: Mit blanken Fäusten

  • Veröffentlicht: 02.08.2023
  • 08:21 Uhr
  • Axel Storm
Trump steht vor einer neuen Anklage.
Trump steht vor einer neuen Anklage.© REUTERS

Donald Trump ist längst im letzten Drittel seines Kampfes gegen Amerikas Staatsanwaltschaften angekommen. Die Handschuhe liegen auf dem Ringboden, geboxt wird ohne Bandagen. Es ist ein blutiger Kampf. Die Attacken der US-Staatsanwaltschaften treffen den Ex-Präsidenten wie ein Trommelfeuer, Anklage folgt auf Anklage. Aber: Trump taumelt nicht. Er ist nicht kurzatmig. Er hält die Deckung. Tänzelt. Und geht in die Offensive.

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"Wie lange seid Ihr schon hier?", frage ich die Kollegin von einem US-Nachrichtensender. Vergangenen Freitag war das. Ich hatte Mitleid mit ihr, weil es offensichtlich war, dass sie schon sehr lange ihr Kamerastativ, die Kabel, die Mikrofone hier vor dem Gerichtsgebäude in Washington bewacht. Sie hatte sich einen bequemen Anglerstuhl aufgebaut, eine Kühlbox vollgeladen und saß da nun – bei 30 Grad im Schatten. "Seit letzter Woche Donnerstag", sagt sie mir, "Wir warten und warten und nichts passiert".

Der nächste Punch

Die Kollegin wie ein gutes Dutzend weiterer Journalistinnen und Journalisten US-amerikanischer Sender harren vor dem Bezirksgerichtsgebäude aus, weil sich hier schon die Anzeichen verdichtet haben, dass bald, vielleicht schon heute, vielleicht morgen, Donald Trump erneut angeklagt werden könnte. Diesmal für seine Rolle bei den Ausschreitungen am 6. Januar 2021, als Hunderte seiner Anhänger, frustriert von der verlorenen Wahl, das Kapitol stürmten. Seit Dienstag (1. August) steht nun fest: Trump wird wegen seines Feldzuges gegen den Wahlausgang und seiner Rolle bei der Kapitol-Attacke angeklagt. Die denkwürdige Anklageschrift listet auf 45 Seiten auf.

US-Justizminister Merrick Garland hat auch in diesem Verfahren Sonderermittler Jack Smith beauftragt. Er soll nicht nur herausfinden, ob Trump in seinem Golfressort Mar-a-Lago Staatsgeheimnisse verantwortungslos und rechtswidrig verwahrt hat. Er soll auch ermitteln, ob sich Trump wegen der Anstiftung zu einem Umsturzversuch strafbar gemacht hat. Der nächste Punch im Boxkampf.

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Übersicht im Schlagabtausch

Es ist nicht ganz einfach, die Übersicht zu behalten. Trump steht wegen der beschriebenen Dokumentenaffäre in Miami vor Gericht. Er wird wohl bald in Georgia angeklagt, wegen des Versuches, die Präsidentschaftswahl dort manipuliert zu haben (Vor dem örtlichen Gerichtsgebäude haben sie schon Absperrungen aufgebaut). In Washington wird das Verfahren um den 6. Januar erwartet. In New York gibt es ein Verfahren wegen unsauberer Buchführung im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar. Das Trump-Imperium zerbröselt, könnte man meinen.

Technisches KO?

Dass Trump aber nicht klein beigibt, ist indes deutlich sichtbar. Dass er keine Schwäche zeigt, nicht einsichtig ist, auch. Dass er nicht K. O. geht, ebenso. Seine Marketing-Abteilung investiert Millionen, um das Opfer-Narrativ des vom politischen Gegner gejagten David, der sich dem verdorbenen Goliath – Biden, Marxisten, Kommunisten, Faschisten –Trump ist da nicht sehr wählerisch - entgegenstellt, zu zeichnen. Die Vorwürfe sind gravierend, lange Haftstrafen stehen im Raum. Trump aber marschiert wie besessen: "Sie wollen mich für 400 Jahre ins Gefängnis stecken!" und "Sie klagen mich nur an, weil ich zwischen Euch und Ihnen stehe!" bellt es aus dem E-Mail-Postfach eines und einer Jeden, der oder die so leichtsinnig war, sich in die Trump-Newsletter eintragen zu lassen. Es bellt mehrfach täglich.

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Zweiter Wind

Es ist nicht auszuschließen, dass Donald Trump wieder US-Präsident wird. So drastisch sich dieser Satz liest, es ist meine feste Einschätzung. Die Faszination für diesen Mann, seine Märchen, seine Erzählungen vom "Amerika im Niedergang" ist ungebrochen. Das zeigen die Eindrücke von den Trump-Rallyes, von ausverkauften Veranstaltungsorten, von fast kultisch anmutender Begeisterung. Das zeigen aber gerade von der "New York Times" veröffentlichte frische Umfragewerte: Trump führt das Bewerberfeld der Republikanischen Kandidatinnen und Kandidaten so uneinholbar an, als gäbe es keine Anklagen, keine Prozesse.

Eines ist jetzt schon klar: Wenn Trumps Boxkampf in die Letzte, die entscheidende Runde, geht, wird Wahlkampf sein in den USA. Und wir werden berichten, von einem angeklagten Ex-Präsidenten, der im Tageswechsel vor Gerichten und auf Bühnen steht.

Alles, um, wie er sagt, Amerika "wieder groß" zu machen.

Im Video: Verschwörung zum Wahlbetrug: Anklage gegen Trump wegen Kapitol-Sturm

Verschwörung zum Wahlbetrug: Anklage gegen Trump wegen Kapitol-Sturm

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